Sonntag, 1. Juli 2012

A Few Best Men

In der Filmwelt gilt das Klischee: Geschmacklose Komödien kommen aus den USA, gehaltvolle aus Grossbritannien. Man denke an Death at a Funeral, Frank Oz' unterhaltsame, von der Kritik wohlwollend aufgenommene, wenn auch wenig bemerkenswerte Farce um eine chaotische Beerdigung, die drei Jahre nach ihrem Erscheinen ein recht anspruchsloses Remake amerikanischer Produktion erhielt und wütende Verrisse nach sich zog. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb Dean Craig, der Autor beider Versionen, sich für seine neueste Posse nach Australien begab, um sich erneut dem genüsslichen Zerlegen einer feierlichen Zeremonie zu widmen – dieses Mal steht eine Hochzeit im Mittelpunkt. Allerdings wirft A Few Best Men kein gutes Licht auf die Beteiligten, weder auf die australische Filmindustrie, noch auf Craig als Autor.

Sechs Monate war David (Xavier Samuel) in der Welt unterwegs, doch nun ist es an der Zeit, wieder ins heimische London zurückzukehren – den schweren Regenwolken und den unfreundlichen Menschen in der englischen Hauptstadt zum Trotz. Diese Rückkehr soll aber nur temporärer Natur sein, da David in Tuvalu die Australierin Mia (Laura Brent) kennengelernt und ihr nach nur zehn Tagen einen Heiratsantrag gemacht hat. Als er dies voller Stolz seinen Freunden, dem Möchtegern-Draufgänger Tom (Kris Marshall), dem naiven Graham (Kevin Bishop) und dem immer noch seiner Ex-Freundin nachtrauernden Luke (Tim Draxl), verkündet, sind diese alles andere als begeistert, da ihr geliebter David nach der in wenigen Tagen in den australischen Blue Mountains stattfindenden Hochzeit für immer Down Under bleiben würde. Dennoch lassen sich die drei überreden, als Trauzeugen mitzufliegen. Nach einer wilden Jungesellenparty, bei der auch das Lieblingsschaf von Mias Vater (Jonathan Biggins), einem hochrangigen konservativen Politiker, arg in Mitleidenschaft gezogen wird, und einem Missverständnis mit dem lokalen Drogendealer (Steve Le Marquand) droht die ganze feierliche Hochzeit im Chaos zu versinken – allerdings auch auf Grund der Eskapaden von Mias Mutter (Olivia Newton-John).

Obwohl der originale Death at a Funeral durch das fehlgeschlagene Remake rückblickend nachgerade als eine Perle des Komödiengenres erscheint, kam auch jener Film aus Dean Craigs Feder nicht ohne diverse Makel aus: Gewisse Witze zündeten nicht, mehrere Charaktere wurden auf Rollenklischees reduziert und ob Nacktheit per se Humor generiert, darüber lässt sich streiten. Waren diese Misstöne auf der britischen Beerdigung aber noch leise und vereinzelt, so sind sie auf der australischen Hochzeit ohrenbetäubend und omnipräsent. A Few Best Men ist ein Chaos aus Stereotypen, Wegwerfgags, vorhersehbaren Wendungen und infantilen Übertreibungen und wirkt streckenweise so billig, als hätte eine Gruppe von Mittelschülern versucht, eine eigenständige Hommage an The Hangover zu inszenieren.

Australische Hochzeitsidylle: Braut Mia (Laura Brent) und Bräutigam David (Xavier Samuel).
Schon früh wird klar, dass Craig und Regisseur Stephan Elliott (Easy Virtue) es in ihrem Projekt nicht darauf anlegen, so etwas wie Anspruch oder gar Niveau aufkommen zu lassen. Sämtliche Elemente des Films lassen sich auf einen Satz reduzieren: London ist eine graue, freudlose, viktorianisches Stadt – fast erwartet man, Dickens'sche Waisenkinder am Strassenrand herumlungern zu sehen –; Australien kann in einem Bild zusammengefasst werden: die Skyline von Sydney im Hintergrund, ein blutiges, angebissenes Surfbrett im Vordergrund; Tom mag Frauen und Drogen; Graham ist ein neurotischer Streber; Luke ist ein depressiver Trauerkloss (Tim Draxls hölzernes Schauspiel ist der Figur ebensowenig zuträglich); und das Pärchen Luke und Mia ist im Vergleich zu den Trauzeugen dermassen normal und beschaulich, dass es beinahe nahtlos mit der, im ersten Moment atemberaubenden, nach der zehnten ausgedehnten Einstellung langweiligen, Szenerie verschmilzt, wäre da nicht die Dissonanz zwischen Xavier Samuel und Laura Brent, dieses gänzliche Fehlen von Chemie.

Man wünschte sich, die Witze wären wenigstens halbwegs erinnerungswürdig, um die fade Palette ausgelutschter Figuren zu kontrastieren – und wären sie noch so schlüpfrig und vulgär. Aber nein, selbst der Humor ist halbherzig, allenfalls mit Ausnahme von Grahams grosser Hochzeitsrede und Toms Beschreibung der Australier. Davon abgesehen, wird A Few Best Men grundsätzlich von drei Arten von Gags "belebt". Es gibt die geschmacklosen, welche ihr Ziel meilenweit verfehlen und für die sich selbst Sacha Baron Cohen in seinen niedersten Momenten schämen würde. Ebenso verbreitet sind die kindisch-überzeichneten Versuche, zu denen auch jegliche Art von Slapstick gehört; wer dem komödiantischen Potenzial von lauten Sirenen gegenüber misstrauisch eingestellt ist, der wird hier seine Skepsis bestätigt sehen. Dem Film mangelt es auch nicht an unsäglich nervigen Witzen; Gesangsstar Olivia Newton-John, die hier auf den Spuren von Julie Whites Performance in Transformers: Revenge of the Fallen wandelt, sollte nach dieser Darbietung der "Living Treasure"-Ehrentitel entzogen werden. Abgerundet wird dieses Feuerwerk des Unlustigen durch stümperhaftes Timing, unausgegorene Ansätze – Grahams Hitler-Schnäuzchen verschwindet ebenso schnell und ohne Konsequenzen wie die speziell eingeführte Sadomaso-Maske – und Craigs Art, eine Geschichte bar jeglicher Überraschung zu schreiben. Jeder Gag, dessen Pointe mehr als zwei Minuten entfernt liegt, ist vorhersehbar: von der bei schlechtem Empfang aufgenommenen Anrufbeantworter-Nachricht bis hin zum Video, das während Davids Rede eingespielt werden soll.

Alles unter Kontrolle? Die Trauzeugen Tom (Kris Marshall, links), Graham (Kevin Bishop, 2.v.r.) und Luke (Tim Draxl, rechts) verwandeln die Hochzeit in ein – unlustiges – Schlachtfeld.
A Few Best Men ist, kurz gesagt, eine Komödie aus der untersten Schublade, und eine einzige cineastische Katastrophe. Doch was ist die Erkenntnis? Sind Farcen um Gruppen junger Männer, die sich kindisch aufführen, passé? Haben Hochzeiten und Feste als Rahmen einer Story ausgedient? Beide Fragen können wahrscheinlich bejaht werden, doch Stephan Elliotts Film ist diesbezüglich nur einer in einer langen Reihe – und bestimmt nicht der letzte. Nein, die Lehre, die aus A Few Best Men gezogen werden kann, ist eine viel einfachere, weil weit weniger umfassende: Dean Craig sollte sich eine neue Arbeit suchen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen