Sonntag, 24. Oktober 2021

ONE FOR YOU: "The French Dispatch" & "Good Bye, Lenin!"

In the latest episode of the One for You podcast, Olivia and I tackle the thorny issue of nostalgia: we talk about Wes Anderson's latest, the fast-paced journalism homage The French Dispatch, and Wolfgang Becker's 2003 blockbuster tragicomedy Good Bye, Lenin!, where a young Daniel Brühl struggles to recreate East Germany in his mother's apartment, months after the fall of the Berlin Wall. Listen to the episode on Apple Podcasts or wherever you get your podcasts.

Donnerstag, 21. Oktober 2021

Cry Macho

© 2021 Warner Bros. Entertainment Inc.

★★★

"Der 91-jährige Eastwood, einstmals der Film-Macho schlechthin, inzwischen zur lebenden Legende gereift, versucht, in einem stillen, geradezu provokant unspektakulären Hangout-Roadmovie, den amerikanischen Kult der rücksichtslosen Hypermaskulinität zu Grabe zu tragen."

Ganze Kritik auf Maximum Cinema

Mittwoch, 20. Oktober 2021

The Last Duel

© Disney / © 2021 Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved.

★★★★

"So wie Kingdom of Heaven bereits versuchte, das klassische Bild der Kreuzzüge etwas zu differenzieren, dekonstruieren Holofcener, Damon und Affleck hier Stück für Stück die traditionelle romantische Darstellung von Rittertum und mittelalterlichem Abenteuergeist. Die heroischen Recken in glänzenden Rüstungen, die man aus dem Märchen und der Popkultur kennt, werden hier zu willenlosen Schachfiguren und staatlich finanzierten Mördern, die sich den Launen eines wohl nicht ganz zurechnungsfähigen Monarchen zu fügen haben. Die Hofdamen, die den Duellanten von der Tribüne aus zuwinken, sind erst das Eigentum ihrer Väter, dann jenes ihrer Ehemänner."

Ganze Kritik auf Maximum Cinema

Dienstag, 19. Oktober 2021

Maximum Cinema Filmpodcast #35: "The Man Who Sold His Skin", "The French Dispatch", "No Time to Die"-Spoiler-Diskussion

© Olivier Samter

Folge 35 des Maximum Cinema-Podcasts ist randvoll mit Themen: Nachdem Lola vom südkoreanischen Netflix-Serienhit Squid Game erzählt, unterhalte ich mich mit ihr über das oscarnominierte tunesische Drama The Man Who Sold His Skin, und mit Daniel über Wes Andersons neuesten Wurf, die überkandidelte Anthologie-Erzählung The French Dispatch. Und zum Schluss schaltet sich Olivier zu, um mit Daniel und mir ausführlich und spoilerreich über No Time to Die, den neuen James-Bond-Film, zu diskutieren. Der Podcast ist auf allen gängigen Plattformen verfügbar.

Montag, 18. Oktober 2021

The French Dispatch

© Disney / © 2021 Searchlight Pictures

★★★★★

"Die Szenen von The French Dispatch sind Dioramen einer stilisierten, minutiös konstruierten Fantasiewelt, die vollgestopft sind mit kleinen visuellen Gags, einfallsreich platzierten Untertiteln, komplexen Grafiken, klassischem Slapstick, experimentell kommunizierten Zeitsprüngen und jeder Menge Hintergrundgeschehen. In Kombination mit dem kalkulierten Wechsel zwischen Farbe und Schwarzweiss sowie den wort- und geistreichen, in halsbrecherischem Tempo vorgetragenen Dialogen, die, in bester New Yorker-Manier, keine Gelegenheit auslassen, einem Satz ein schlau klingendes Adjektiv zu verpassen, entsteht so eine oftmals herrlich überfordernde, zu keinem Zeitpunkt langweilige Liebeserklärung ans Abenteuer Print-Journalismus."

Ganze Kritik auf Maximum Cinema

Freitag, 15. Oktober 2021

Maximum Cinema Filmpodcast: ZFF-Special feat. OutCast (Teil 2)

© Olivier Samter

Nachdem Daniel und ich zuletzt im OutCast von OutNow zu hören waren, drehen wir im zweiten Teil des Gesprächs mit Nicolas Nater und Christoph Schelb den Spiess nun um und unterhalten uns über sechs weitere unserer Lieblingsfilme am 17. Zurich Film Festival. Die Episode ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen verfügbar.

Mittwoch, 13. Oktober 2021

QUIET ON SET: Zurich Film Festival Recap

Just like last year, I joined Ewan Graf on the Quiet on Set podcast to look back at the Zurich Film Festival in the most detailed manner possible. Ewan and I recount our favourites, reflect on the festival's individual sections, and generally just have a great time talking about a barrage of movies. Listen to the episode on Anchor or wherever you get your podcasts.

Dienstag, 12. Oktober 2021

Memoria

Eine Frau (Tilda Swinton) liegt nachts in ihrem Bett, tief schlafend. Sie rührt sich nicht, ebenso wenig die Kamera. Die Sekunden verstreichen, vielleicht sogar eine Minute oder zwei. Zeit verliert im Kino ja bekanntermassen an Bedeutung, gerade in den Werken des thailändischen Slow-Cinema-Meisterregisseurs Apichatpong Weerasethakul, dessen neuester Wurf, Memoria, von diesem Bild eingeführt wird. Lange, starre Aufnahmen, mal von bewegungslosen Menschen, mal von stillen Naturszenerien, mal von bewegungslosen Menschen in stillen Naturszenerien gehören zu seinen stilistischen Markenzeichen.

Doch dann wird die Frau abrupt aus dem Schlaf – und das Publikum aus seiner Anfangstrance – gerissen: Ein dumpfer Knall, ein unheimliches, tiefes "Thwock!", setzt der nächtlichen Stille ein Ende. Die Frau, eine im kolumbianischen Bogotá lebende britische Botanikerin namens Jessica, lauscht in die Nacht hinaus, steht auf, geistert durch ihre Wohnung, findet nichts. Das Geräusch, das Jessica später mit dem "einer riesigen metallenen Kugel, die in einen tiefen, von Meerwasser umgebenen Brunnen fällt", vergleichen wird, ist ein Jump-Scare in Reinform: Sein plötzliches Auftreten erschreckt, sein irrealer Klang beängstigt, das Fehlen einer Erklärung verunsichert – sowohl das Publikum als auch Apichatpongs Protagonistin.

In der Folge wird Jessica den Knall immer und immer wieder hören, anscheinend unabhängig von der Tageszeit und ihrem Aufenthaltsort. Mithilfe des geheimnisvollen Tontechnikers Hernán (Juan Pablo Urrego) versucht sie, ihn am Computer zu rekonstruieren. Als sie eine befreundete Anthropologin (Jeanne Balibar) auf eine Exkursion aufs Land begleitet, erscheint ihr das Geräusch am Ufer eines gemütlich plätschernden Bachs gleich mehrmals; kurz darauf schliesst sie eine schicksalhafte Bekanntschaft mit einem exzentrischen Fischer (Elkin Díaz), der auch Hernán heisst.

Apichatpongs Filmografie, von Tropical Malady (2004) bis Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives (2010), ist geprägt von Auseinandersetzungen mit dem kaum Fassbaren, mit emotionalen Verbindungen zwischen Individuen, mit dem metaphysischen Bezug des Menschen zur Natur. Folgerichtig sind es vor allem Geräusche und andere unsichtbare Schwingungen, die Apichatpong hier umtreiben. Es sind Zufallsbegegnungen und die daraus resultierenden Gespräche, die Jessica auf ihrer Suche nach dem Ursprung ihrer Schlaflosigkeit voranbringen; doch verstehen kann sie ihre Lage erst, als sie ihre ganze Aufmerksamkeit der Welt, die sie umgibt, schenkt.

Jessica (Tilda Swinton) begibt sich auf die Suche nach dem Ursprung eines mysteriösen Knalls.
© EF NEON / © Sandro Kopp / © Kick the Machine Films, Burning, Anna Sanders Films, Match Factory Productions, ZDF-Arte and Piano

Der mysteriöse Knall, die ohne ersichtlichen Grund ausgelösten Autoalarme, das Stimmengewirr auf einem Universitätscampus, ein spontanes Jazzkonzert, der rauschende Wind in den Bäumen, das Brüllaffen-Geschrei aus dem Urwald, die Stimmen aus einer anderen Zeit, an die sich der ältere Hernán zu erinnern scheint: Diese omnipräsente Klangkulisse, brillant konzipiert vom Sounddesign-Team um Akritchalerm Kalayanamitr und Javier Umpierrez, ist, in Apichatpongs Vision, so etwas wie der Atmungsprozess des lebenden Planeten Erde.

Und was lebt, hat eine Geschichte, ein Erinnerungsvermögen, sowohl ein stoffliches als auch ein spirituelles: Jessica lässt sich von Jeanne Balibars Anthropologin 6'000 Jahre alte menschliche Skelette zeigen, die ein Tunnelbauprojekt zutage gefördert hat. Hernán wiederum zeigt ihr einen Stein, der, so der stille Fischer, die Spannung eines längst vergangenen Konflikts in sich trage.

Memoria spielt am Schnittpunkt von Wissenschaft, Esoterik und Naturphilosophie – dem schaurigen, vielleicht auch ein wenig tröstlichen Gedanken, dass der Mensch als Individuum nicht viel mehr ist als ein empfindungsfähiger Klumpen organischer Materie, eine winzige Ausbeulung im allumfassenden Erdorganismus, die früher oder später in ihre molekularen Einzelteile zerfallen wird. Der Geist wird sterben, die Bausteine werden überleben, mitsamt all den Sinneseindrücken, die seit Anbeginn der Zeit auf sie eingewirkt und sich auf der subatomaren Ebene eingebrannt haben.

Im Grunde versucht Apichatpong nichts weniger, als die Idee zu visualisieren, dass nichts im Universum im Nichts verpufft – aber dass es zugleich unmöglich ist, sich Zugang zu diesem kosmischen Gedächtnis verschaffen. Es gilt, sich für diese Weltanschauung und ihre entschleunigte, zunehmend abstrakter werdende Inszenierung zu öffnen. Die Belohnung ist eine faszinierende Begegnung mit dem Unbeschreiblichen.

★★★★

Montag, 11. Oktober 2021

ONE FOR YOU: Zurich Film Festival 2021

For the latest episode of the One for You podcast, Olivia Tjon-A-Meeuw, Astrit Abazi, Mansi Tiwari, and I came together to discuss some of our favourite films from the 2021 Zurich Film Festival. Join us as we spotlight Kaouther Ben Hania's Oscar-nominated The Man Who Sold His Skin, Ana Lily Amirpour's New Orleans-set modern fantasy Mona Lisa and the Blood Moon, Sean Baker's darkly hilarious Red Rocket, and Ninja Thyberg's potentially traumatising Pleasure. Listen to the episode on Spotify or wherever you get your podcasts.

Sonntag, 10. Oktober 2021

Titane

© Agora Films

★★★★

"Man kann das alles als billige Provokation abtun; doch damit würde man weder Ducournaus technischem Handwerk noch ihrer thematischen Raffinesse gerecht, geschweige denn dem Potenzial des Kinos, unvergessliche Geschichten und Bilder zu vermitteln. Selbst wer der Auffassung ist, Ducournaus Extremismus überspanne den Bogen des guten Geschmacks, wird nicht abstreiten können, dass Titane mit seiner unbeirrbaren Schonungslosigkeit starke Gefühle hervorruft. In Zeiten, in denen stetig wachsende Monopolriesen die Kinokassen mit blassen Reissbrett-Blockbustern dominieren, ist das keine Selbstverständlichkeit."

Ganze Kritik auf Maximum Cinema

Mittwoch, 6. Oktober 2021

OutCast: Episode 193 feat. Maximum Cinema

Der Maximum Cinema-Podcast wagt ein Crossover mit dem OutCast von OutNow: Daniel und ich lassen zusammen mit Nicolas Nater und Christoph Schelb das 17. Zurich Film Festival Revue passieren und tauschen uns über unsere Lieblings-Festivaltitel aus. Die Episode ist auf allen gängigen Plattformen verfügbar. Teil zwei des Gesprächs erscheint bald im Feed des Maximum Cinema-Podcasts.

Dienstag, 5. Oktober 2021

She Dies Tomorrow

Amy (Kate Lyn Sheil) is going to die tomorrow. She's sure of it. Indeed, there is already something ghostlike about her, in how she creeps and stalks and wanders around her newly bought, dimly lit, haphazardly furnished house, as if she was looking for somebody to haunt, but can't find anyone but herself.

In fact, it's difficult to tell whether it’s the knowledge of her impending demise that has put her into this state, or whether said demise is the logical end result of that state – a state in which she finds herself unable to keep up even a simple phone conversation with her friend Jane (Jane Adams), and in which she seems at her most relaxed when she's scouring the internet for urns.

Amy Seimetz's She Dies Tomorrow is, nominally, a horror movie, but it's a horror movie that's had its insides carved out: the trappings – the sombre mood of darkened rooms, the looming paranoia caused by distorted sounds half-heard just out of earshot – are still there, but there is no monster, no spirit, no external threat whatsoever. Nothing so tangible as to warrant worries about jump scare-ready intruders slinking into Jane’s home after she, all pyjama-clad panic, runs out into the night and forgets not just to lock but even close her front door. Perhaps the most unsettling image here is the surreal sight of Kate Lyn Sheil slowly approaching the camera with an unreadable facial expression, plunged in varying shades of garish neon strobe-lighting.

The haunting, meanwhile, to the extent that there is one, is a fascinating reversal of the conceptual horror of David Robert Mitchell's It Follows (2014) or the Ring franchise: whereas those films featured supernatural harbingers of death – a shapeshifting stalker and a girl crawling out of a television, respectively – Seimetz translates the horrific metaphor back into a subconscious rumbling, so to speak. The curse with which Amy infects Jane, and with which Jane then infects her circle of friends, is just the knowledge of the simple fact of death, likened by Jane to the sensation of feeling a cold arriving the night before its symptoms start to show: I am going to die tomorrow. Whether any of the characters are right in their apocalyptic premonition is left open, as one would expect from such an intriguingly abstract, occasionally overly ponderous art film that ultimately owes far more to David Lynch, Luis Buñuel, and Quentin Dupieux than to either Mitchell or The Ring (2002).

Amy (Kate Lyn Sheil) is convinced that she is going to die tomorrow.
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To Seimetz, who reportedly based the mumblecore-like awkwardness of Amy and Jane’s interactions with their surroundings on her own frustrating experiences of confronting acquaintances with her bouts of anxiety, the most interesting aspects of the wandering curse are the ways in which it disintegrates established social protocol, by making people fall out of their assumed personas.

For Amy, the spectre of death becomes an ambiguous liberator of sorts, leading her to both embrace the spontaneity her erstwhile boyfriend (Kentucker Audley) couldn't satisfy and to renounce her hard-won sobriety. Jane loses the will to impress her snippy sister-in-law (Katie Aselton) with her brusque professionalism and starts to sink ever deeper into a dishevelled depression; while her brother (Chris Messina), in all of his suburban affluence, seems to have unlearned how to deal with fear and quickly unravels emotionally. One extraordinary subplot sees a couple, played by Jennifer Kim and TV on the Radio frontman Tunde Adebimpe, pick over their emotions after admitting to each other that their relationship has been dead for a long time.

Genre purists might scoff at the suggestion that She Dies Tomorrow qualifies as a horror film, precisely because it internalises rather than externalises the existential angst that haunts its characters. But in doing so, Seimetz, amid all her neon-and-drone abstraction, viscerally captures a piercing, frighteningly recognisable, maybe even primeval sense of dread about things not being as they should be.

★★★★