Freitag, 19. September 2008

The Dark Knight

5.5 Sterne

Für DC-Comicfans war 2005 ein wichtiges Jahr: Christopher Nolan, gefeierter Regisseur von düsteren Thrillern wie Memento oder Insomnia, machte sich an eine Neuinterpretation von Batman. Sein Batman Begins sollte das Ansehen von Realspielfilmen über den dunklen Rächer von Gotham wieder etwas aufpolieren, denn Batman Forever entsprach überhaupt nicht dem Gusto der Kinozuchauer und wurde kurzerhand als Schrott abgestempelt. Nolan erfüllte seinen Auftrag, indem er dem Flattermann fast alle Comicelemente nahm und die tragische Geschichte von Bruce Wayne in einen ernsten Thriller verwandelte. Und nun - drei Jahre später - kommt The Dark Knight ins Kino, das wohl am ärgsten herbeigesehnte Sequel in jüngerer Zeit. Und siehe da: Christopher Nolan hat es geschafft, sich selbst zu übertreffen.

Wenige Wochen vor dem Start von The Dark Knight war die Vorfreude schon überall zu spüren. In den Kinos scharten sich Filminteressierte um die düster und bedrohlich aussehenden Filmplakate, um zu sehen, welchen mitspielenden Star man noch nicht entdeckt haben könnte, und man rätselte über die Performance des im Januar verstorbenen Schauspielers Heath Ledger (R.I.P. an dieser Stelle), der das schwere Erbe von Jack Nicholson antrat, den Bösewichten Joker zu spielen. Noch bevor der Film von Christopher Nolan überhaupt über die Leinwand flimmerte, war der neue, noch verrücktere Joker zur Kultfigur geworden, gehypt natürlich durch den Tod des Schauspielers. Doch die Leistung von Heath Ledger bedarf eigentlich keines Hypes, denn er kann hier sein ganzes schauspielerisches Talent in eine - zugegeben, sehr dankbare - Rolle stecken. Er lebt den Joker, er erschreckt den Kinogänger, er verstört ihn und - so traurig es klingt - er bringt uns zum Lachen. Wieso er diesen Effekt erzielt, vermag eigentlich keiner zu sagen. Der Joker ist ein hochintelligenter, psychopathischer Chaostheoretiker und -praktiker, der nur eines will: Gotham Citys geordnetes Leben ins - Nomen est Omen - Chaos stürzen. Doch er bringt in seinen Taten und Reden so viel Zynismus und teils sogar Selbstironie unter, dass man manchmal wirklich über die Gräuel hinwegsehen kann. Man kann Heath Ledger nicht genug loben, er hat sich mit dieser Rolle sicherlich ein Denkmal geschaffen. Es ist aber zum Glück nicht so, dass neben ihm die anderen Schauspieler untergehen. Hauptdarsteller Christian Bale spielt seine Janus-Figur souverän. Dem Batman nimmt man beide Seiten seines Charakters ab. Den Playboy bei Tag, den dunklen Ritter bei Nacht. Unterstützt wird er dabei von Gary Oldman, der gewohnt sicher agiert, Aaron Eckhart, der im dritten Akt des Films das einzige Comicelement darstellt, Morgan Freeman, den man in gar keiner anderen Rolle als der des netten, aber ironischen Mentors mehr sehen will, Maggie Gyllenhaal, die wohl als Element für einen dritten Teil benutzt wurde, und schliesslich noch Altstar Michael Caine, der - trotz sichtlicher Alterung - immer noch die besten Sprüche auf Lager hat.

Und damit wären wir beim Drehbuch angelangt, welches den Film-Gourmet die flachen Skripts anderer Comicverfilmungen vergessen lässt. Die Balance zwischen Thriller und Drama wird gut gehalten und hie und da darf auch gelacht werden. Das Brüderpaar Jonathan und Christopher Nolan hat in diesem Bereich ganze Arbeit geleistet, obwohl man die eine oder andere Szene hätte weglassen können. The Dark Knight begeistert zwar durch unglaubliche Spannung und Dichte, wirkt aber hie und da sinnlos in die Länge gezogen.

Ein Punkt, der während des Films sehr positiv auffällt, ist der Umgang mit Actionsequenzen. Diese sind interessant geschnitten und - wie der ganze Film - atemberaubend gefilmt. Kameramann Wally Pfister versteht sein Fach fürwahr. Die grosse Actionszene dauert gefühlte 20 Minuten, schafft es jedoch, nicht zu langweilen und am Ende klammert man sich an den Kinosessel vor Anspannung, wenn der Joker auf der Strasse steht und ruft: "Come on! Hit me! I want you to hit me! Hit Me!!!"

The Dark Knight
erfüllt sämtliche Erwartungen, die man hegte und begeistert durch Virtuosität in allen Bereichen. Einigen Zuschauern wird der Schlussmonolog von Gary Oldman vielleicht übertrieben pathetisch vorkommen, doch es handelt sich dabei um die logische Folge aus den vergangenen zweieinhalb Stunden. So geht es mit dem Film - (fast) jede Szene hat eine Bewandtnis und das Eine folgt logischerweise aus dem Anderen. Kritikern, die denken, Comicverfilmungen sollten sich nicht an die heiligie Kuh des Thrillers heranwagen, sei folgendes Joker-Zitat vorzulegen: "Why so serious?!"

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