Donnerstag, 11. Dezember 2014

Magic in the Moonlight

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat. 

Die jährliche Dosis Woody Allen hinterlässt 2014 keine bleibenden Spuren. Der Altmeister präsentiert mit der romantischen Komödie Magic in the Moonlight um einen Illusionisten und ein angebliches Medium nicht mehr als eine bekömmliche, aber letztlich allzu harmlose Fingerübung.

Nach einer kurzen Rückkehr auf geografisch heimisches Terrain – in der brillanten, in New York und San Francisco angesiedelten Charakterstudie Blue Jasmine (2013) – setzt Allen seine Tour d'Europe, welche ihn in der jüngeren Vergangenheit nach London (Match Point, Scoop, Cassandra's Dream, You Will Meet a Tall Dark Stranger), Barcelona (Vicky Cristina Barcelona), Paris (Midnight in Paris) und Rom (To Rome with Love) geführt hat, in Magic in the Moonlight fort. Protagonist Stanley Crawford (Colin Firth), der als fernöstlicher Magier Wei Ling Soo die Welt bereist, verschlägt es an die sonnendurchflutete französische Riviera, wo die junge Sophie Baker (Emma Stone) den ganzen Haushalt einer Luxusvilla mit ihren scheinbar paranormalen Fähigkeiten – Gedanken lesen, Kommunikation mit Toten, Zukunftsprognosen – in Atem hält. Crawford, ganz der nüchtern-rationale, stets herablassende Skeptiker, ist sich sicher, die Frau der Scharlatanerie überführen zu können, doch ihre Wunder erweisen sich als ausserordentlich schwer widerlegbar.

Ohne Reiz ist diese leichtfüssige Fabel über Weltanschauungen, menschliches Verhalten und den Zauber der Liebe keineswegs. Woody Allen weiss, wie schon in Midnight in Paris, die romantisierte Sorglosigkeit der europäischen Zwanzigerjahre mühelos einzufangen. War Blue Jasmine noch eine scharfe Satire auf die dekadente Hautevolee, zeichnet Magic in the Moonlight ein letztlich wohlwollendes, allerhöchstens sanft persiflierendes Porträt der leichtgläubigen, verwöhnten Schickeria, in deren Gesellschaft sich Stanley Crawford wiederfindet. Die Bilder der Côte d'Azur und der südlichen Provence, wo Stanleys geliebte Tante (Eileen Atkins) ihren Lebensabend verbringt, strotzen vor satten Farben und goldenem Sonnenlicht, in den oft lang ausgehaltenen Dialogeinstellungen ideal in Szene gesetzt. Ausstattung und Kostüme sind ohne Fehl und Tadel; der üppige Jazz-Soundtrack sowie der streckenweise gewollt körnige Ton verleihen dem Ganzen eine einnehmende nostalgische Aura.


"To Catch a Fraud": Illusionist Stanley Crawford (Colin Firth) versucht, das angebliche Medium Sophie Baker (Emma Stone) als Betrügerin zu entlarven.
 © Frenetic Films
Das Problem dieses Films ist nicht, dass er sich schwer wiegende Fehltritte oder Affronts gegen die Intelligenz des Publikums leistet, sondern dass er, so scheint es, nichts dafür tut, um in Erinnerung haften zu bleiben. Abgesehen von der ansprechenden Darbietung Colin Firths, bewegt sich Magic in the Moonlight 100 Minuten lang im Niemandsland zwischen federleichter Unterhaltung und gehobener, erträglicher Langeweile, woran auch ein wahrscheinlich ironischer Schlenker in Richtung Melodram im letzten Akt nichts ändert.

Grund zur Sorge dürfte aber trotzdem nicht bestehen. Magic in the Moonlight ist nicht der erste Film in Allens Karriere, in dem ihm seine Liebe zur leichten Muse in die launige Belanglosigkeit geführt hat. Schnell vergessene Possen gehören ebenso zu seiner Filmografie wie grossartige Komödien und scharfsinnige Dramen; nicht selten folgte das eine auf das andere. In diesem Wissen sei Allen diese unspektakuläre Ferienreise in den mediterranen Süden Frankreichs von Herzen gegönnt.

★★

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen