Donnerstag, 9. Februar 2012

Tinker Tailor Soldier Spy

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Zu den bekanntesten Spiongeschichten der britischen Literatur zählen neben den James-Bond-Romanen Ian Flemings die Bücher John le Carrés. Mit Tinker Tailor Soldier Spy, einem intellektuellen Thriller erster Güte, adaptierte Tomas Alfredson einen von le Carrés grössten Erfolgen.

Es ist eine Welt von Verschwörungen, Geheimplänen und Decknamen, in die man da als Zuschauer hier eingetaucht wird. Das Jahr ist 1973, der Kalte Krieg ist in vollem Gange. Und in dieser heissen Phase leistet sich "Control" (John Hurt), der Chef des "Circus" – dem MI6, Grossbritanniens Geheimdienst – einen schweren Fehler. Der Agent Jim Prideaux (Mark Strong) soll in Budapest ermitteln, gerät aber in einen Hinterhalt und bekommt eine Kugel in den Rücken, woraufhin Control und sein Assistent, der schweigsame George Smiley (Gary Oldman), auf die Strasse gestellt werden. Ein neuer Vorstand rückt nach, bestehend aus Roy Bland (Ciarán Hinds), Toby Esterhase (David Dencik), Bill Haydon (Colin Firth) und Percy Alleline (Toby Jones), dem neuen Alphatier. Doch Smiley ist nicht lange ohne Arbeit, denn bald schon wird er zurück in den MI6 beordert, wo er als verdeckter Ermittler einen sowjetischen Spitzel, einen "Mole" (Maulwurf), entlarven soll, der sich angeblich in die neue Garde eingeschlichen hat. Dabei leisten ihm besonders Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) und der des Verrats angeklagte Ricki Tarr (Tom Hardy) wertvolle Dienste.

Der neue Film des Schweden Tomas Alfredson, dem Regisseur des Horrordramas Let the Right One in, eignet sich keinesfalls für einen Kinobesuch, dessen Ziel es ist, sich zurückzulehnen und zu entspannen. Tinker Tailor Soldier Spy jongliert mit mehreren Handlungsebenen, benutzt zahlreiche Rückblenden, stellt ungeahnte Verbindungen zwischen Charakteren her und setzt darauf, dass der Zusehende sich die Bedeutungen diverser Geheimdienstbegriffe selber zusammenreimt. Kurz: Alfredson und das zurecht für den Oscar nominierte Autorenehepaar Peter Straughan und Bridget O'Connor, welche 2010 starb, verlangen die geistige Mitarbeit ihres Publikums. Belohnt wird man dafür mit einem ruhigen, verzwickten, vielleicht etwas zu unterkühlt inszenierten Krimi, in dem jede Figur ein dunkles Geheimnis birgt und man in jedem der sachlich-nüchternen Gespräche zwischen den Zeilen lesen muss.

Der einsame Spion: Agent George Smiley (Gary Oldman) im Besprechungsraum des MI6.
Zum Gelingen des Unternehmens tragen neben dem intelligenten Skript auch die Schauwerte bei: Maria Djurkovics Ausstattung und Jacqueline Durrans Kostüme bilden die Siebziger so authentisch nach, dass man sich tatsächlich in einem Film wähnt, der zu jener Zeit entstand. Eingefangen wurde das Ganze von Kameramann Hoyte van Hoytema, der mit grandiosen Detailaufnahmen und Retro-Kniffen wie dem Teleobjektiv operiert. Abgerundet wird Tinker Tailor Soldier Spy durch seine vorzüglichen Schauspieler – von den Nebendarstellern sind Colin Firth, John Hurt, Toby Jones und Benedict Cumberbatch besonders famos –, angeführt vom zurückhaltenden, aber nichtsdestoweniger eindringlichen Gary Oldman, der sich als schweigsamer George Smiley seine erste Oscarnomination redlich verdient hat.

Mit optischer und inhaltlicher Virtuosität sowie gekonnter Subtilität inszenierte Alfredson ein spannendes Figurenschachspiel. Tinker Tailor Soldier Spy ist eine Perle des britischen Thrillerkinos, das den Intellekt wohltuend herausfordert – "jolly good"!

★★★★★

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