Donnerstag, 22. August 2013

Elysium

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Mit seinem zupackenden Langspielfilm-Debüt, dem parabelhaften Science-Fiction-Thriller District 9, schaffte es der südafrikanische Regisseur Neill Blomkamp nach Hollywood. Sein Zweitwerk Elysium schlägt in die gleiche Kerbe, wird aber durch die erzwungene Gesellschaftskritik beeinträchtigt.

Wenn Blomkamp als Filmemacher eine markante Schwäche hat, dann die, dass er sich in der Rolle des subversiv-ideologischen Revolutionärs zu sehr gefällt, dass er seinen kritischen Kommentaren zum Zeitgeist in seiner Arbeit zu viel Bedeutung beimisst. Zurückverfolgen lässt sich dies bis zu seinem viel beachteten Kurzfilm Alive in Joburg, die Basis zu District 9: Die fünfminütige Mockumentary besteht aus diversen Interviews, in denen sich Johannesburger Passanten scheinbar zu den Ausserirdischen äussern, welche, so die Prämisse, vor einigen Jahren in der Stadt gelandet und mittlerweile in Slums abgeschoben worden sind. Was erst im Nachhinein klar wird: Die oft unverhohlen rassistischen Aussagen der Befragten sind Originalzitate von echten Bürgern, welche ihrem Ärger über Gastarbeiter aus Simbabwe Luft machten. Spannend war dieses Konzept zweifellos, doch als Zuschauer hätte man gerne mehr über die Aliens erfahren, ihren Hintergrund, ihre Geschichte, ihre Interaktion mit Menschen. Also produzierte Blomkamp zusammen mit Peter Jackson District 9, welcher in drastischen Bildern vom brutalen Umgang der Menschen mit den extraterrestrischen Besuchern (dargestellt von lebensechten Puppen) erzählte.

Der Subtext blieb erhalten, doch er wurde angereichert mit einer anregenden, überraschend emotionalen Geschichte eines Alien-Jägers, der sich gezwungen sieht, mit einem seiner Opfer zu kooperieren. In District 9 erwies sich Blomkamp, einfach gesagt, als ein besserer Geschichtenerzähler als Sozialkritiker. Entsprechend wirkt Elysium diesbezüglich oft wie ein Rückschritt. Die Dystopie spielt im Jahr 2154 und zeigt eine ausgebeutete, verpestete Erde, auf der die Arbeiterklasse ein sklavisches Dasein fristet, während sich die Oberschicht auf dem rieisgen Weltraum-Habitat "Elysium" den technischen Annehmlichkeiten hingibt, zu denen auch die Fähigkeit gehört, sämtliche Krankheiten binnen Sekunden heilen zu können.

Blomkamps Plot dreht sich um den Arbeiter Max (Matt Damon), der bei einem Strahlenunfall mit Krebs infiziert wird und sich daraufhin in den Dienst eines Schwarzmarkt-Händlers stellt, um genügend Geld für eine Reise nach Elysium aufbringen zu können. Doch auf der entscheidenden Mission entführen er und seine Mitstreiter einen regierungsnahen Geschäftsmann, was Elysiums Verteidigungsministerin (Jodie Foster, welche aus nicht näher definierten Gründen Französisch spricht) dazu veranlasst, den skrupellosen Söldner Kruger (ein herausragender Sharlto Copley) damit zu beauftragen, Max zu fassen.

Bewaffnet mit einem modernen Exoskelett, versucht der arme Max (Matt Damon), auf die Luxus-Raumstation Elysium zu gelangen.
© 2012 Sony Pictures Releasing GmbH
Subtil ist an der Botschaft von Elysium wenig. Blomkamp, der betont, der Film sei ein Abbild der Welt von heute, arbeitet sich durch abgedroschene Tropen wie restriktive Einwanderungspolitik, das korrumpierte (amerikanische) Gesundheitswesen, Wohlstandsschere und Standesdünkel (ein Elysium-Abgesandter herrscht einen Arbeiter an: "Don't breathe on me"). Dabei durchläuft die mit einwandfreiem CGI auf die Leinwand gebannte Raumstation im dritten Akt eine klassisch marxistische Entwicklung; vom kapitalistischen Despotismus über die Diktatur des Proletariats Kruger) bis zur quasi-sozialistischen Erlösung der unschuldigen Menschheit, symbolisiert durch die rehäugige, leukämiekranke Tochter einer Freundin von Max.

Doch obwohl der Film weit weniger gewichtig ist, als er sich geriert, und obschon die Emotionen hier, anders als noch in District 9, hohl und konstruiert wirken, zeichnet sich Blomkamp auch im dichten, stringenten, äusserst effizient gemachten Elysium als talentierter Action-Regisseur aus, der sich an den richtigen Stellen vom "körperlichen" Stil eines David Cronenberg inspirieren lässt, und die von ihm ersonnene Welt mit seinen typischen Kameraflügen (und inflationärem Gebrauch von Zeitlupe) zum Leben erweckt. Trotz offenkundiger Defizite hebt sich auch sein zweiter Film vom gleichförmigen Gros der US-Actionstreifen ab.

★★★

1 Kommentar:

  1. Er erfüllte seinen Zweck als Actionblockbuster, mehr darf man aber sicherlich nicht erwarten.

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