Donnerstag, 7. Mai 2015

Get Hard

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat.

Schwelender Rassismus und Einkommensschere sind zwei Themen, die im anstehenden US-Präsidentschaftswahlkampf dominieren werden. Get Hard streift diese zwar, doch es fehlt der Mut zur Subversion. So sind es die beiden beherzten Hauptdarsteller, welche die Komödie letztlich vor der Langeweile bewahren.

Was, wenn sich die amerikanische Justiz im Umgang mit den illegalen Machenschaften der Hochfinanz ähnlich streng zeigen würde wie bei der Verurteilung wegen gewisser "minderer" Delikte? Diese Frage bildet die Prämisse für Get Hard, das Regiedebüt des Drehbuchautors Etan Cohen (Idiocracy, Tropic Thunder, Men in Black 3): James King (Will Ferrell), ein dümmlicher, aber schwer reicher Hedgefonds-Manager, wird wegen Betrugs zu zehn Jahren Haft im berüchtigten Gefängnis von San Quentin verurteilt. Verzweifelt bittet er seinen Autowäscher Darnell Lewis (Kevin Hart) darum, ihm in den 30 Tagen, bevor er seine Strafe antreten muss, beizubringen, wie er hinter Gittern überleben kann – denn als Afroamerikaner war Darnell ja bestimmt schon im Kittchen, oder? Nein, im Gegenteil: Darnell ist durch und durch Musterbürger; in seiner Akte ist noch nicht einmal eine Parkbusse vermerkt. Sein grösster Traum ist es, mit seiner Frau Rita (Edwina Findley) und seiner Tochter Makayla (Ariana Neal) in eine bessere Nachbarschaft zu ziehen. Doch für die 30'000 Dollar, die James ihm für seine Dienste anbietet, ist er gewillt, die Rolle des harten Ex-Knackis zu spielen und den naiven Millionär auf Gefängnistumulte, aggressive Gangs und Knast-Slang vorzubereiten.

Vereinzelt blitzt in Get Hard so etwas wie Satire oder gewitzte Verfremdung auf – Szenen, die humoristisch zwar nicht immer ins Schwarze treffen, aber bei denen immerhin so etwas wie Aktualitätsbezug oder eine subversive Dimension festzustellen ist. Das erste Treffen von James und Darnell gehört dazu – ein panischer James hupt wie wild um Hilfe, im Glauben, er werde überfallen –, James' Besuch in einem Neonazi-Club, ebenso seine Integration in die schwarze Gang-Kultur von Crenshaw, Los Angeles. Hier scheint der Film einer durchaus zeitgemässen Verballhornung der ethnischen Gräben Amerikas auf der Spur zu sein, und das Bild von James, der mit Darnells kriminellem Cousin (Rapper T.I.) und dessen Clique über Investment debattiert, während auf einem Fernseher im Hintergrund Bloomberg läuft, hat etwas anrührend Absurdes.

Der zu einer langen Haftstrafe verurteilte Multimillionär James King (Will Ferrell, links) hält den Musterbürger Darnell (Kevin Hart) für einen Knastbruder, von dem er die Tricks des Gefängnisalltags lernen kann.
© 2015 Warner Bros. Ent.
Doch Cohen und seinen Mitautoren Ian Roberts und Jay Martel fehlt der Mut – oder der Wille – zur Schärfe; wohl aus Sorge um die Box-Office-Chancen des Projekts verzichten sie auf beinahe jegliche Form von echter Provokation. Das Hauptgebot in Get Hard ist Harmonie; die Moral, obschon eine an sich löbliche Absage an Schubladisierung und Vorurteile, wirkt eher wie eine Bekräftigung des Status quo. James wäre kein massentauglicher Protagonist, wenn er nicht zu Unrecht verurteilt worden wäre; die Arbeiterklasse, vertreten durch das Personal von James' Villa, wird implizit als kleinlich und undankbar dargestellt; ein beträchtlicher Teil des Humors speist sich aus etablierten Stereotypen.

Die unselige Aufgabe, dieses ideologische Durcheinander unterhaltsam zu gestalten, bleibt letztendlich an Kevin Hart und Will Ferrell hängen. Das Duo schlägt sich wacker; immer wieder ist es ihr komödiantisches Timing allein, das einer eigentlich durchschnittlichen Pointe zum Erfolg verhilft. (Nicht viele könnten den Plan, Blackface zu tragen, sachlicher klingen lassen als Ferrell.) Durch sie erhält der schwach geschriebene Get Hard zumindest ein Fünkchen Energie; Hart und Ferrell überspielen die thematische Problematik der lasch vorgetragenen Handlung. Doch sie bleiben gefangen in einem Film der sich seine Anlehnungen an afroamerikanische Film-Meilensteine wie Do the Right Thing und Boyz n the Hood beim besten Willen nicht verdient hat.

★★

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