Donnerstag, 17. April 2014

The Lego Movie

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat.

In Zusammenarbeit mit Warner Bros. hat der legendäre dänische Spielzeughersteller Lego einen Animationsfilm produziert. Was im Grunde nichts anderes ist als ein 100-minütiger Werbefilm für sein kultiges Produkt, überzeugt mit gewitztem Humor, ungezügelter Energie und blühender Fantasie.

Hat die Welt auf einen Film gewartet, der Präsident Abraham Lincoln (Stimme: Will Forte), die Zauberer Albus Dumbledore (Harry Potter) und Gandalf (The Lord of the Rings), die Superhelden Batman (Will Arnett – wunderbar), Superman (Channing Tatum), Green Lantern (Jonah Hill) und Wonder Woman (Cobie Smulders), den Star Wars-Androiden C-3PO (Originalbesetzung Anthony Daniels) sowie William Shakespeare, Michelangelo und die Simpsons-Nebenfigur Milhouse Van Houten aufeinander treffen lässt? Wahrscheinlich eher weniger, doch nun, da sie alle in The Lego Movie vereint sind, wäre es vermessen, sich darüber zu beklagen. Was die Regisseure Phil Lord und Christopher Miller, welche erstmals 2009 mit dem animierten Abenteuer Cloudy with a Chance of Meatballs auf sich aufmerksam machten, hier heraufbeschwören, gehört zum Erfrischendsten, was im Hollywood-Mainstream letzthin zu sehen war.

"Everything Is Awesome" ist die Pop-Hymne der von Lord Business (Will Ferrell) geführten Stadt, in der das Bauarbeiter-Legomännchen Emmet (Chris Pratt) ein durchschnittliches, aber stets gut gelauntes Leben führt; und ihr Titel steht symptomatisch für den ganzen Film. Nachdem Emmet zufällig auf ein mysteriöses Artefakt stösst, welches die Superwaffe – eine Leimtube – zu neutralisieren vermag, die Lord Business vor einigen Jahren dem weisen Magier Vitruvius (ein umwerfender Morgan Freeman) gestohlen hat, gerät er, verfolgt von einem bipolaren Polizisten (Liam Neeson), in einen wilden Strudel aberwitziger Abenteuer, den er zusammen mit der lebhaften Rebellin Wyldstyle (Elizabeth Banks), einem Einhorn-Kätzchen (Alison Brie) sowie dem narzisstischen Batman bestreitet. In dieser verrückten Welt aus Legosteinen, in der CGI und Quasi-Stop-Motion nahtlos ineinander übergehen, in der Geister an absichtlich unübersehbaren Fäden hängen und sich so manches Geräusch als rudimentäre Nachahmung entpuppt, ist alles möglich. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Hier sitzt Abraham Lincoln auf einem raketenbetriebenen Thron, dort existiert ein Transformer-Pirat und anderswo verfolgt Batman eine Zweitkarriere als Sänger düsterer Balladen ("Darkness... no parents... continued darkness"). Die strikten Bauanleitungen, die Lord Business zum ehernen Gesetz erheben will, sind für den wahren Spieler lediglich eine Empfehlung. 

Emmet (Stimme: Chris Pratt, 2. v. l.) erlebt mit Wyldstyle (Elizabeth Banks, rechts), dem Magier Vitruvius (Morgan Freeman, 2. v. r.) und dem Einhorn-Kätzchen (Alison Brie) ein aberwitziges Abenteuer.
© 2013 Warner Bros.
Dass all diese hochgradig unterhaltsamen Szenarien letztlich der Vorstellung eines menschlichen Lego-Enthusiasten entstammen – der ultimative Werbe-Kniff –, wird indes schnell klar. Gerade deshalb stellt sich im letzten Akt eine leise Enttäuschung ein, als das Regie-Duo einen Ausflug in die "echte" Welt unternimmt und Absurdität und Subversion – die gefügige "Everything Is Awesome"-Konsumgesellschaft, in der Emmet lebt, ist eine für einen Kinderfilm unerwartet harsche Kritik an den zeitgenössischen USA – vorübergehend durch überbetonte Rührseligkeit und vergleichsweise plumpes Pathos ersetzt werden. Doch schlussendlich ist The Lego Movie ein für alle Beteiligte erfolgreiches Unterfangen: Ein Sequel ist bei Warner Bros. nicht nur geplant – es hat sogar schon einen Starttermin (26. Mai 2017). Lego beschliesst mit The Lego Movie eine mehrjährige Image-Kampagne, die der lange kriselnden Firma wieder zur Beliebtheit von einst verholfen hat. Gut so, denn der Zuschauer wird mit einem überaus köstlichen Stück Unterhaltungskino verwöhnt.

★★★★

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