Donnerstag, 3. Januar 2013

How I Won the War

Nachdem die grosse Zeit der "Ealing Comedies" ein Ende gefunden hatte und realistische Sozialdramen das Bild der englischen Filmindustrie zu prägen begannen, machte sich eine junge Generation von Schauspielern und Autoren jene absurde Komödie zu Eigen, die noch heute als Hauptmerkmal des britischen Humors gilt. Auch Richard Lester, bekannt für seine Arbeit mit den Beatles, bewegte sich in den Sechzigerjahren in jenen Kreisen. Davon zeugt etwa seine bizarre Antikriegs-Komödie How I Won the War aus dem Jahr 1967.

Earnest Goodbody (Michael Crawford) ist ein tollpatschiger junger Patriot, der während des Zweiten Weltkriegs notdürftig zum Offizier eines kleinen Trupps der britischen Armee befördert wird. Mit seinen Untergebenen, unter ihnen Earnests Assistent Gripweed (John Lennon), welche stets aufs Neue Pläne schmieden, sich ihres übermotivierten Vorgesetzten zu entledigen, sichert er zunächst die Position in Nordafrika, wobei nicht nur die Italiener und die Deutschen geschlagen werden müssen, sondern auch ein Cricket-Feld erbaut werden soll. Danach zieht die unselige Kameradschaft nordwärts, um erst die Normandie und schliesslich die letzte intakte Rhein-Brücke einzunehmen, die Earnest einem sympathischen deutschen Offizier (Karl Michael Vogler) abgekauft hat.

Sich ewig wiederholende Leibesübungen, unfreundliches Gebrüll, antiquierte Weltbilder, ein diktatorisches Hierarchieverständnis – das Militär sollte eigentlich genügend Stoff für gute Komödien und Satiren liefern. Tatsächlich mangelt es dem Genre nicht an Werken, denen mitunter Kultstatus zugeschrieben wird: Robert Altmans M*A*S*H, Mike Nichols' sardonische Romanverfilmung Catch-22 oder Ivan Reitmans Stripes erfreuen sich grosser Beliebtheit, obwohl sich bei Letzteren doch die Frage nach dem Warum stellt. Nichols' Film weiss 40 Minuten lang zu unterhalten, bevor er ins Ungeniessbare abdriftet; Reitman vermag seinen hohen Ansprüchen niemals gerecht zu werden. Auch How I Won the War begeistert das geneigte Publikum bis heute, doch dies ist ebenfalls nur schwer nachvollziehbar.

Assistent und Offizier: Gripweed (John Lennon, links) und Earnest Goodbody (Michael Crawford).
Grossen Anteil daran hat der Umstand, dass Richard Lester und Autor Charles Wood grösstenteils auf einen Plot verzichten. Sie übersetzen Patrick Ryans Roman in eine assoziative Ansammlung von Episoden, Miniaturen und Vignetten, von denen einige leidlich amüsieren – meist dank der Beteiligung John Lennons, der sträflich wenig eingesetzt wird –, die meisten aber wirkungslos verpuffen. Wären die Kapriolen der jungen Soldaten wenigstens einigermassen subversiv, lustig – oder etwa beides –, dann wäre der eklatante Mangel an Stringenz deutlich leichter zu verzeihen. So aber bleibt das Ganze eine mühselige und verwirrende Angelegenheit, in der scheinbar willkürlich zwischen verschiedenen Handlungsebenen hin- und her geschnitten wird, ohne dass eine einzige überzeugt – oder zumindest zufrieden stellend etabliert oder gar erklärt wird.

Und dennoch wird How I Won the War von manchen Betrachtern gerne mit Voltaires Candide verglichen: Die widersinnigen Wiederauferstehungen gewisser Charaktere, das unerklärliche Auftauchen der Mentor-Figur, die lose zusammenhängenden Orte, an denen die stilisierte Handlung stattfindet, sollen an die Odyssee von Candide und Pangloss erinnern. Zwar mögen gewisse Vergleiche zutreffen – immerhin irritiert auch die erstmalige Lektüre von Voltaires grossem Werk, weil es sich jeglicher narrativer Logik widersetzt –, doch insgesamt scheint die Verbindung marginal; wahrscheinlicher wirkt die Erklärung, dass damit die Ehre einer missglückten Satire gerettet werden soll.

Im Einsatz: Earnests Trupp nähert sich der Normandie.
Letztendlich ist es jedoch egal, wie man es dreht und wendet, in welchem philosophischen Kontext man How I Won the War liest. Tatsache ist, dass Regisseur Lester es versäumt hat, viel versprechendes Quellenmaterial befriedigend zu adaptieren. Sein Film ist schwerfällig, unnötig unzugänglich, nur bedingt interessant und obendrein auch schrecklich langweilig; nur selten gingen 106 Minuten dermassen langsam vorbei – wie der Krieg für die Soldaten.

★★

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