Montag, 17. August 2015

The Mayor

Wie lässt sich politische Korruption filmisch darstellen? Nun, man könnte sich an Frank Capra ein Vorbild nehmen und, wie etwa in Mr. Smith Goes to Washington, unmissverständlich zeigen, wie Politiker ihr Amt missbrauchen und die Wählerschaft übers Ohr hauen. Oder man könnte das Phänomen aus Sicht der Medien beleuchten – wie es Alan J. Pakula in All the President's Men tat –, jener gesellschaftlichen Institution, welche die Mächtigen im Staat daran erinnern soll, dass ihr Verhalten scharf beobachtet wird. Auch eine Möglichkeit wäre ein Film über die katastrophalen Auswirkungen korrupter Machenschaften, ein Film wie Andrey Zvyagintsevs Leviathan, wo der Bürger an den Missetaten der Obrigkeit zu Grunde geht.

Bruno Safadis The Mayor (portugiesischer Originaltitel: O prefeito) entschliesst sich jedoch für einen direkteren, aber leider auch plumperen Weg, welcher streckenweise sogar den Begriff der filmischen Darstellung an ihre Grenzen treibt. In dieser 70-minütigen Satire über die ambitionierten Pläne des frisch gewählten Bürgermeisters von Rio de Janeiro, die Stadt von Brasilien abzuspalten, werden Bilder von haarsträubender Banalität bemüht: Während einer Reihe schwarzweisser Standbilder verhandelt der zentrale Potentat (Nizo Neto) mit Vertretern der Privatwirtschaft, öffnet zufrieden grinsend einen Koffer voller Bestechungsgeld, bevor er sein Mundwasser am offenen Fenster ausspuckt und damit einen Passanten trifft.

Es ist der frühe Tiefpunkt eines schmerzhaft unsubtilen Films, in dem Porträts einstiger Machthaber ostentativ gestreichelt und Dilma-Rousseff-Banner getragen werden, in dem der Protagonist hinter einem Dickicht aus Eisenstangen eine quietschende Sexpuppe küsst und diese anschliessend auch "standesgemäss" benutzt. Doch so grotesk die Vignetten auch sein mögen, sie scheinen nicht Teil einer grösseren Subversion – etwa eines Films, der sich über diese Form von kritischem Kino lustig macht –, sondern so angelegt zu sein, dass der Zuschauer sie ernst nimmt.

Der neue Bürgermeister von Rio de Janeiro (Nizo Neto) hat grosse Pläne für die brasilianische Metropole.
© TB Produções
Würde sich der auf ganzer Linie bedauernswert unbeholfene The Mayor auf diese bisweilen infantile Art der Provokation beschränken, könnte man ihm womöglich sogar noch einen gewissen bizarren Reiz abgewinnen. Da aber die Geschichte des Bürgermeisters, der ganz Rio umbauen will – versinnbildlicht wird dies durch sein Büro, das sich inmitten einer gigantischen Baustelle befindet –, von bedeutungsschwangeren Rückblenden und Traumbildern durchsetzt ist, in denen er von einer mysteriösen, von ominöser Musik begleiteten Frau in Weiss (Djin Sganzerla) verfolgt wird, gibt sich der Film endgültig der Lächerlichkeit preis.

Minutenlange Einstellungen von Bauschutt und Steinen, himmlische Drogen, an denen das Leben der Hauptfigur zu hängen scheint, ein pantomimisch agierender Lakai (Gustavo Novaes) – wie Pierre Schoeller in L'exercice de l'Etat verschwendet Safadi hier seinen unbestreitbaren Gestaltungswillen an letztlich leere Gesten und Symbole. Drückt er seinem Zuschauer nicht gerade seine Besorgnis über Korruption aufs Auge, drückt sich The Mayor in einer gezwungenen Vagheit aus, die sich von Bedeutungslosigkeit nicht mehr unterscheiden lässt.

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