Dienstag, 17. Februar 2009

Frost/Nixon

Der Kampf wird eingeläutet: David Frost (Michael Sheen, 2.v.l.) trifft Richard Nixon (Frank Langella, 2.v.r.) zum ersten Mal. An Frosts Seite befindet sich seine Freundin Caroline (Rebecca Hall), Nixon hat seinen Berater Jack Brennan (Kevin Bacon) immer dabei.

5 Sterne

Peter Morgan gehört zu den besten und gefragtesten Autoren Hollywoods. Die Leinwandhits The Queen - eine Oscarnomination für das Drehbuch - und The Last King of Scotland stammen beide aus der Feder des Briten. Sein letztes Projekt - The Other Boleyn Girl - machte sich nicht ganz so gut, wie die beiden vorangegangenen Drehbücher. Der Film zeigte zwar, dass Morgan in jedem Genre ein Meister des Dialogs ist, doch es wurde ebenso klar, dass er mit Liebesdramen nicht allzu viel anzufangen weiss. Mit Frost/Nixon hat er sich einmal mehr an ein geschichtliches Thema herangewagt. Das Risiko dabei war, dass er sich zu stark an sein eigenes Theaterstück hätte halten können. Das war schlussendlich glücklicherweise nicht der Fall. Frost/Nixon ist durch und durch filmisch und beeindruckt nicht nur mit einem lesenswerten Drehbuch.

Nicht nur The Curious Case of Benjamin Button ist ein Kandidat für den grössten Verlierer der Oscars. Frost/Nixon ist fünfmal für einen Academy Award nominiert, gilt aber in jeder einzelnen Kategorie als Aussenseiter. Selbst der Hauptdarsteller Frank Langella, der als Richard Nixon wohl die Performance seines Lebens abliefert, steht bei den Wettbüros nicht sonderlich hoch im Kurs - es wird eher auf einen Zweikampf zwischen Mickey Rourke und Sean Penn hinauslaufen. Dies ist zwar nicht ungerecht, doch sicherlich ist es Pech, dass Langella ausgerechnet dieses Jahr nominiert wurde. Seine Darstellung des 37. US-Präsidenten Richard Milhous Nixon ist einerseits sehr intensiv, andererseits aber auch sehr menschlich ausgefallen. Langella, der "Tricky Dick" bereits in Morgans Theaterstück spielte, hat eine eindrückliche Leinwandpräsenz und vermittelt wohl ein relativ akkurates Bild des Ex-Präsidenten. Seine donnernde Stimme stösst den Zuschauer zwar ab, doch im gleichen Atemzug verspürt man fast so etwas wie Sympathie für den verschlagenen Fuchs, etwa wenn er seinen hintergründigen Humor spielen lässt. Jedem im Publikum wird klar, dass Nixon ein höheres politisches Niveau hatte als George W. Bush. Und auch wenn am Ende des Films David Frost, überzeugend dargestellt von Michael Sheen, der bereits zweimal Tony Blair, einmal davon in The Queen, mimte, scheinbar die Oberhand gewinnt, gelingt es ihm doch nicht, Nixon gänzlich zu überflügeln. Am Ende begegnen sich die beiden Männern auf Augenhöhe. Ron Howards Film verkommt aber keineswegs zu einer blanken Hasstirade gegen Richard Nixon, ebenso ist es keine platte Lobeshymne. Man merkt, dass der Präsident ein hinterhältiger Mann war, der vor fast gar nichts zurückschreckte. Vom historischen Standpunkt aus lässt sich sagen, dass Frost/Nixon mit dem Thema fair umgeht. Die Erfolge und Misserfolge von Richard Nixon werden gleichermassen beleuchtet und auf den Tisch gelegt. Selbstverständlich behält sich der Film vor, sich auf die liberale Seite zu schlagen. Das ist richtig so und überdies würde ein Propagandavideo für Republikaner von der Academy glattweg ignoriert werden. Entsprechend wird Frost/Nixon von David Frosts Seite her erzählt. Umrahmt wird der Film dabei von Aussagen der Direktbetroffenen, welche selbstredend von Schauspielern verkörpert werden. Alle Interviewten spielen gleichzeitig auch in der Geschichte an sich mit. Sam Rockwell, Rebecca Hall und Oliver Platt spielen allesamt glaubwürdig und umrahmen den Charakter David Frost sehr schön. An der Seite von Frank Langella stehen Kevin Bacon und Toby Jones, dessen Kopf nie stärker einem Ei geglichen hat, welche beide ihr ganzes schauspielerisches Talent ausspielen.

Das Drehbuch von Peter Morgan erweist sich als sehr gut geschrieben und überzeugt vor allem mit bedeutungsschwangeren, aber immer mal wieder auch sehr lakonischen Dialogen. Leider wird etwas zu lange Spannung aufgebaut, sodass man nach einer Weile des Lobbyierens von Frost überdrüssig wird. Der Film nimmt erst richtig Fahrt auf, als sich Frosts Kampftruppe ans Recherchieren macht und mit dem Beginn der Interviews ist Frost/Nixon richtiggehend explosiv. Wer sich nicht en detail mit dem Stoff auskennt, dem sei gesagt, dass sich ein kurzes Einlesen in die Thematik - besonders in die Einzelheiten von Watergate - lohnen würde, denn Nichtamerikaner könnten sich schnell etwas verloren fühlen, wenn sie mit Namen wie Colson oder Ehrlichman bombardiert werden. Überfordert ist man in Frost/Nixon allerdings selten. Der Film dreht sich hauptsächlich um die Interiewreihe von David Frost mit Richard Nixon. Es wird sehr anschaulich gezeigt, wie sich die Dinge, die man mit Nixon in Verbindung bringt, auf diesen Mann ausgewirkt haben. Und gleichzeitig wird noch ein wenig über die Macht des Fernsehens philosophiert, was am Beispiel von einem einzelnen Bild dargestellt wird. Dass dies nicht gestellt wirkt, ist wohl Ron Howards Verdienst, der nach The Da Vinci Code und vor Angels & Demons mit Frost/Nixon seinen Namen als Regisseur ernsterer Stoffe wiederherzustellen versucht.

Objektiv gesehen, hätten die Macher von Frost/Nixon wohl mehr Grund zu befürchten, bei den Oscars leer auszugehen, als diejenigen von The Curious Case of Benjamin Button. Der Film hat weniger Nominationen und David Finchers Film ist sogar einen Tick besser. Doch Frost/Nixon ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Klasse eines Films nicht durch Preise bestimmt wird. Das Duell der Worte wird in kommenden Jahren wahrscheinlich keinen speziellen Platz in der Filmhistorie einnehmen, aber dennoch vermag Ron Howards neuestes Werk mit einem soliden Drehbuch und superben Darstellern zu gefallen. Wenn die Hollywoodadaption eines Theaterstücks dies von sich behaupten kann, dann sollte man damit zufrieden sein.

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