Montag, 27. Februar 2012

Award Season: Academy Awards 2012


Bester Film: The Artist
Beste Regie: Michel Hazanavicius – The Artist
Bester Hauptdarsteller: Jean Dujardin – The Artist
Beste Hauptdarstellerin: Meryl Streep – The Iron Lady
Bester Nebendarsteller: Christopher Plummer – Beginners
Beste Nebendarstellerin: Octavia Spencer – The Help
Bestes Originaldrehbuch: Woody Allen – Midnight in Paris
Bestes adaptiertes Drehbuch: Alexander Payne, Nat Faxon, Jim Rash The Descendants
Bester fremdsprachiger Film: A Separation (Iran)
Bester Dokumentarfilm: Undefeated
Bester Animationsfilm: Rango
Beste Kamera: Robert Richardson – Hugo
Bester Schnitt: Kirk Baxter, Angus Wall – The Girl with the Dragon Tattoo
Beste Ausstattung: Dante Ferretti, Francesca Lo Schiavo – Hugo
Beste Kostüme: Mark Bridges – The Artist
Beste Musik: Ludovic Bource – The Artist
Bester Song: "Man or Muppet" (Bret McKenzie) – The Muppets
Bester Ton: Tom Fleischman, John Midgley – Hugo
Bester Tonschnitt: Philip Stockton, Eugene Gearty – Hugo
Beste Effekte: Rob Legato, Joss Williams, Ben Grossman, Alex Henning – Hugo
Bestes Makeup: Mark Coulier, J. Roy Helland – The Iron Lady
Beste Kurzdokumentation: Saving Face
Bester Animationskurzfilm: The Fantastic Flying Books of Mr. Morris Lessmore
Bester Kurzfilm: The Shore

Sonntag, 26. Februar 2012

Your Guide to the Oscars – Final Predictions


Yes, it’s that time of year again. Tomorrow night, the annual Academy Awards are held in Los Angeles for the 84th time, celebrating another year of exellence in film. So here is my list of the categories, my preferences, my predictions, and my comments. And since I’ve been following the race ever since the end of last November, many of my bets may actually be accurate – save for a radical change in Academy tendencies.

Ganzer Artikel auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Samstag, 25. Februar 2012

Extremely Loud & Incredibly Close

Etwas mehr als zehn Jahre nach den Ereignissen des 11. Septembers 2001 ist in den USA die Erinnerung an die Angriffe auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington immer noch frisch, das Trauma noch längst nicht überwunden. Entsprechend sensibel reagieren gewisse Amerikaner auf fiktionalisierte Erzählungen, welche sich mit 9/11 auseinandersetzen; so klagte der grosse Literat John Updike Jonathan Safran Foers Roman Extremely Loud & Incredibly Close (2005) an, eine globale Tragödie für seine eigenen Zwecke zu missbrauchen. Von ähnlichen Stimmen wird nun auch das Erscheinen der Kinoadaption des Buches begleitet. Über Sinn und Unsinn dieser Diskussion lässt sich endlos debattieren; Tatsache ist, dass der neue Film von Erfolgsregisseur Stephen Daldry (Billy Elliot, The Reader) zwar mit den Verfehlungen der Vorlage zu kämpfen hat, sich aber als emotional stichhaltiges Drama um den Verlust eines Familienangehörigen aus der Sicht eines Kindes präsentiert.

Ein Jahr ist vergangen, seit Thomas Schell (Tom Hanks) bei den 9/11-Terroranschlägen ums Leben kam. Während seine Frau (Sandra Bullock) sich alle Mühe gibt, wieder ins Leben zurückzufinden, wird ihr scheuer Sohn Oskar (Thomas Horn), der möglicherweise am Asperger-Syndrom leidet, zunehmend verschlossener und unberechenbarer. Als dieser sich eines Tages im Schrank seines geliebten Vaters umsieht, entdeckt er in einem mit "Black" beschriebenen Umschlag einen kleinen Schlüssel. Da ihn Thomas früher immer auf Schnitzeljagden durch New York schickte – immer mit dem Ziel, ihn dazu zu bringen, sich mit Menschen zu unterhalten –, folgert Oskar, der Schlüssel würde dem Tod seines Vaters irgendeinen Sinn geben. Also macht er sich auf, alle 472 in der Stadt lebenden Blacks zu finden, wie das sich entfremdende Ehepaar Abby (Viola Davis) und William Black (Jeffrey Wright). Auf seiner Reise begegnet ihm auch der mysteriöse "Renter" (Max von Sydow), der namenlose Untermieter von Oskars Grossmutter, der kein Wort spricht und sich nur mittels Notizzetteln und auf seine Handflächen tätowierten Wörtern – "Yes" auf der einen, "No" auf der andern – mitteilt.

Glückliche Zeiten: Thomas Schell (Tom Hanks) mit seinem Sohn Oskar (Thomas Horn).
Wer sich Extremely Loud & Incredibly Close zu Gemüte führt, wird sich selbst unweigerlich mit einigen kritischen Fragen bezüglich der Prämisse konfrontiert sehen. Warum muss Thomas am 11. September sterben, wenn ein Autounfall oder ein "regulärer" Flugzeugabsturz die Geschichte nicht massgeblich verändert hätten? Verliert der Film nicht an Realitätsbähe und Identifikationspotential, wenn die Hauptfigur kein normaler Zehnjähriger, sondern ein überbegabter kleiner Erwachsener, also durch und durch ein Kunstprodukt, ist? Dies sind Fragen, die wohl nur der Buchautor beantworten könnte, da eine werkgetreue Filmadaption mit diesen problematischen Grundvoraussetzungen wohl oder übel operieren muss. Diese arbeiteten Stephen Daldry und Autor Eric Roth, der sich in Hollywood mittlerweile als Experte für ebenso gefühlvolle wie skurrile Reisen etabliert hat – die Drehbücher zu Forrest Gump und The Curious Case of Benjamin Button stammen aus seiner Feder –, jedoch sehr elegant in ihre Verfilmung ein. Der Fokus liegt nicht auf 9/11 und die Beziehung zu Oskar ist, wenn nicht gerade innig, immerhin stabil genug, um mit ihm letzten Endes mitzufühlen. Auch ist es dem Film hoch anzurechnen, dass Kitsch und Rührseligkeit – immer schon eine kleine Schwäche Roths –, weitestgehend ausgewichen und stattdessen die emotionale Entwicklung seines Hauptcharakters betont wird. Dies geht löblicherweise so weit, dass die Kinderperspektive bis zum Schluss konsequent erhalten bleibt, sodass am Ende einige Fragen unbeantwortet bleiben, was allerdings nicht störend wirkt, sondern sich sehr harmonisch in die Erzählung einfügt.

Dennoch lassen Skript und Inszenierung in einigen formalen Punkten etwas zu wünschen übrig. Roth begnügt sich allzu oft damit, sein Quellenmaterial verbatim wiederzugeben, was zu einigen schmerzlichen Szenen führt, in welchen die Protagonisten, insbesondere Sandra Bullocks Linda Schell, gezwungen sind, künstliche Platitüden herunterzubeten ("Why do you want to come in here?" – "Because I want to tell you I love you"), die, richtig eingesetzt, auf Papier wohl einigermassen funktionieren, gesprochen ihre Wirkung aber verfehlen. Daldry hingegen, obwohl nicht nur ein erfolgreicher, sondern fraglos auch enorm begabter Regisseur, bekundet ungewohnte Probleme damit, seinem Film einen einheitlichen dramaturgischen Rahmen zu geben. Dass etwa diverse Passagen während der ersten Stunde, passend zu Oskars aufgewühltem Seelenzustand, in Hochgeschwindigkeit abgespielt werden, verliert stetig an Reiz, bis sich das Gefühl einer sich ewig wiederholenden Montagesequenz einstellt. Dadurch entsteht eine unangenehm verkrampfte, übertrieben ernste Atmosphäre, welche das Interesse des Zuschauers an Oskars Schicksal zu untergraben droht.

Ein stummer Begleiter: Der namenlose "Renter" (Max von Sydow) hilft Oskar bei seiner Suche.
Und genau in diesen Minuten erweist sich der Auftritt der Figur des geheimnisvollen Mieters als Retter in der Not. Kaum betritt Max von Sydow die Leinwand, entspannt sich die ganze Angelegenheit merklich; der Film wird lockerer; das bis dato eher lauwarme Verhältnis des Zuschauers zum Geschehen wird intensiver. An Renter an sich liegt dies nicht unbedingt, da auch dieser ein recht unrealistisches Konstrukt ist; es ist vielmehr die zurückhaltend-subtile, äusserst berührende und von feinem Witz durchsetzte Darbietung von Sydows, welche Extremely Loud & Incredibly Close davor bewahrt, in der eigenen Melancholie zu ertrinken. Ohne ein einziges Wort von sich zu geben, spielt der 82-jährige Starmime aus Schweden seine Kollegen mühelos an die Wand, obwohl diese ebenfalls beachtliche Leistungen erbringen, besonders Viola Davis und Jeffrey Wright. Jungschauspieler Thomas Horn wiederum, der nach seinem Sieg in der Kinderausgabe der Spielshow Jeopardy! von Produzent Scott Rudin angeheuert wurde, verdient sich durch die Art, seinen altklugen Text in einem nervigen Halbflüsterton vorzutragen, keine Sympathiepunkte, schlägt sich aber wacker für einen 14-Jährigen ohne Schauspielerfahrung.

Extremely Loud & Incredibly Close ist weder eine virtuose Aufarbeitung des amerikanischen 9/11-Traumas, noch ein schamloses Ausnützen der Tragödie. Den grössten Vorwurf, den man dem Film in dieser Hinsicht machen kann, ist der, dass er auch gut und gerne ohne den reisserisch anmutenden Hintergrund auskäme. Ansonsten ist Stephen Daldrys vierte Regie-Arbeit ein nicht allzu bemerkenswertes Drama, welches vor allem dank einer soliden Entwicklungsgeschichte und einer sensationellen Performance Max von Sydows in guter Erinnerung bleibt.

★★★★

Donnerstag, 23. Februar 2012

Young Adult

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Erstmals seit Juno arbeiten Regisseur Jason Reitman und Autorin Diablo Cody wieder zusammen. Wie schon im Publikumsliebling von 2007 geht es in Young Adult, einem Coming-of-Age-Film der angenehm anderen Art, um die Crux des Erwachsenwerdens.

Mavis (Charlize Theron) ist 37 Jahre alt, frisch geschieden und wohnt mit Hündchen Dulce in einem Appartementkomplex in der amerikanischen Midwest-Metropole Minneapolis. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich als Ghostwriterin einer sich unaufhaltsam dem Ende zuneigenden, weil nicht mehr zeitgemässen, Serie von Teenager-Romanen. Durch ein E-Mail ihrer alten Flamme Buddy (Patrick Wilson) wird sie unversehens aus dem ewig gleichen Trott – schreiben, in Fast-Food-Restaurants herumhängen, nichtige Liebesaffären hinter sich bringen – gerissen: Ihr High-School-Liebhaber ist gerade Vater geworden und hat das Foto des Säuglings an alle seine Mail-Kontakte verschickt. Mavis deutet dies als ein Zeichen, dass Buddy sich nach ihr sehnt; also packt sie einen Koffer und kehrt an ihren Heimatort, die gesichtslose Kleinstadt Mercury, zurück. Überzeugt davon, dass das glückliche Leben ihres Ex-Freundes nur eine Scharade ist, versucht Mavis, ihn zurückzugewinnen. Derweil der seit einem brutalen Schläger-Übergriff gehbehinderte Matt (Patton Oswalt), der gleichzeitig mit Mavis zur Schule ging, vergeblich versucht, sie zur Vernunft zu bringen.

Jason Reitman scheint sich darauf spezialisiert zu haben, sich in seinen Filmen eher unsympathischen Protagonisten zu widmen. Tabak-Lobbyist Nick Naylor (Thank You for Smoking, 2005) und der mietbare "Entlasser" Ryan Bingham (Up in the Air, 2009) waren beides aalglatte Zyniker, welche in ihren jeweiligen Voiceovers nicht einmal versuchten, ihren Charakter schönzureden; Mavis Gary schlägt in eine ähnliche Kerbe, auch wenn ihr der hinterhältige Charme der beiden Männer fehlt, was es nicht ganz einfach macht, sich in sie hineinzufühlen. Doch Charlize Theron entdeckt in ihrer im Teenageralter hängen gebliebenen Zicke – man kann es nicht anders sagen – ungeahnte Tiefen, besonders in ihren Gesprächen mit dem ruhigen Matt, grossartig gespielt von Stand-Up-Comedian Patton Oswalt, dessen Ehrlichkeit und bescheidene Zufriedenheit Mavis' Gebäude von Lebenslügen trefflich kontrastieren.

Mittdreissigerin Mavis Gary (Charlize Theron) stattet ihrem Heimatort einen Besuch ab.
Trotz seiner schwierigen Hauptfigur funktioniert Young Adult als Charakterstudie hervorragend, nicht nur dank Therons Schauspielleistung, sondern auch dank Diablo Codys lebensechtem Drehbuch. Wie in Juno stellt sie auch hier ihr Gespür für feine Charakterzeichnung, schräge Dialoge und unangenehme Situationen unter Beweis – etwa wenn Mavis Buddy ihre Liebe eingesteht, überzeugt davon, dass diese auf Gegenseitigkeit beruht, und lauthals beginnt, Pläne für die Zukunft zu schmieden, ohne auf die Proteste ihres naiven Gegenübers einzugehen. Ein mittelmässiges Skript hätte Mavis leicht der Lächerlichkeit preisgegeben; doch durch Codys Qualitäten als Autorin wird Mavis zu einer bemitleidenswerten Figur, deren Entfremdung von ihren Altersgenossen – Erinnerungen an Daniel Cloves' Comic Ghost World (plus Verfilmung) werden wach –, hervorgerufen durch ihre Weigerung oder Unfähigkeit, sich dem Leben zu stellen, äusserst tragisch wirkt, sodass jeder Lacher auch einen kleinen Stich ins Herz verursacht.

★★★★½

Samstag, 18. Februar 2012

War Horse

Steven Spielberg, nicht selten als einer der besten Regisseure aller Zeiten genannt, sicher der finanziell erfolgreichste, nahm sich nach dem 2008 erschienenen, kritisch gefloppten Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull eine dreijährige Auszeit, in der er es beim Produzieren beliess. Im vergangenen Jahr erfolgte gleich ein doppeltes Comeback. Zuerst adaptierte er drei von Hergés Tintin-Geschichten im grossen Stil, gefolgt von War Horse, der für sechs Oscars nominierten Verfilmung von Michael Morpurgos Kinderbuch von 1982 und der darauf basierenden Bühnenfassung von 2007. Dieser ist nicht, wie von Morpurgo erhofft, ein "ikonischer Film über den Ersten Weltkrieg, womöglich so grossartig wie All Quiet on the Western Front", sondern vielmehr ein Lehrstück über Spielbergs grösste Schwächen und Stärken.

Im südwestenglischen Devon kommt zu Beginn der 1910er Jahre ein Fohlen zur Welt. Mit dabei bei der Geburt ist der Teenager Albert Narracott (Jeremy Irvine), der vom Neugeborenen sogleich fasziniert ist, dessen Annäherungsversuche aber von der Mutter des Tieres immer wieder gestört werden. Als das junge Vollblut später versteigert wird, bietet Alberts Vater, der arme Bauer Ted (Peter Mullan), energisch mit, nur um seinen Pächter (David Thewlis) zu übertrumpfen. Das Prachtspferd geht in den Besitz der Narracotts über, die aber eher auf einen kräftigen Ackergaul angewiesen wären. Albert übernimmt die Verantwortung dafür, seinen Schützling, den er Joey "tauft", innert eines Monats zu zähmen und ihn zum Pflügen zu bringen – andernfalls bringt seine Mutter (Emily Watson) Joey zu seinen ursprünglichen Besitzern zurück. Zwar gelingt dem Jungen nach einigen Mühen die Zähmung, doch ein Unwetter zerstört die Ernte der Narracotts. Da kommt dem vor lauter Geldnot verzweifelnden Ted der Ausbruch des Ersten Weltkrieges gerade recht: Er verkauft das Pferd an die britische Armee, wo es beim sympathischen Captain Nicholls (Tom Hiddleston) landet. Dieser gerät unter der Führung seines Vorgesetzten und Freundes, Major Jamie Stewart (der wie gewohnt erstklassige Benedict Cumberbatch), bei einem Angriff auf ein deutsches Heerlager in Frankreich in einen Hinterhalt und stirbt; Stewart wird gefangen genommen. Joey und Topthorn, das Pferd des Majors, werden derweil von den Deutschen eingefangen und begeben sich auf eine vierjährige Odyssee durch das kriegsgeschundene Europa.

Zuhause auf dem Hof: Noch sind Albert (Jeremy Irvine) und Joey glücklich vereint.
Nach diversen Filmen über den Zweiten Weltkrieg – Empire of the Sun, Schindler's List, Saving Private Ryan – wandte sich Spielberg in War Horse nun erstmals dem Ersten, dem "grossen Verlustkrieg" zu, dem brutalen Ende des imperialistischen Zeitalters. Doch anders als in den früheren Werken liegt hier der Fokus nicht auf Personen, die aufgrund des Krieges eine Veränderung durchmachen; die einzige Konstante, dem Quellenmaterial entsprechend, ist Joey, der mit seinem Kameraden Topthorn im 20-Minuten-Takt den Besitzer wechselt. Selbst Albert, die eigentliche menschliche Hauptfigur verschwindet während des ausgedehnten zweiten Aktes spurlos aus der Geschichte. Diese ist aus zahlreichen Nebenplots zusammengesetzt, die offenkundig um ein möglichst ausgeglichenes Bild vom Leben an der Westfront bemüht sind. Joey und Topthorn treffen nacheinander auf deutsche Deserteure (David Kross und Leonard Carow), einen französischen Bauern (Niels Arestrup) und dessen Enkelin sowie einen von seinem Gewissen geplagten deutschen Frontsoldaten und Pferdefreund (Nicolas Bro). Zwar gelingt es den Autoren, Richard Curtis und Lee Hall, trotz dieses Erzählstils eine gewisse Stringenz zu halten, doch vor einigen einschneidenden Problemen sind auch sie nicht gefeit. So wirkt es beispielsweise störend, dass in War Horse Vertreter jeder Nationalität Englisch sprechen und sich die Kriegsparteien nur durch ihre überzeichneten Akzente unterscheiden. Auch enden die verschiedenen Episoden teilweise recht unbefriedigend, weil vage und knapp – wenn sie denn überhaupt an ein Ende geführt und nicht halbherzig übergangen werden. Doch die grösste Schwäche des Drehbuches ist eine, die man nicht zum ersten Mal in einem Film Spielbergs vorfindet: Das Ganze leidet an kompletter Vorhersehbarkeit. Nicht nur der Ausgang der übergeordneten Geschichte ist von Anfang an offensichtlich; auch Details wie ein Geburtstagsgeschenk oder dem Tod geweihte Charaktere vermögen nicht zu überraschen.

Ein Kriegspferd: Wildfang Joey in einer englischen Kaserne.
Und dennoch – es mag paradox klingen – findet sich in War Horse auch die inszenatorische Klasse Spielbergs. Denn trotz des vorhersehbaren Plots und seiner Überlänge (150 Minuten), langweilt War Horse nicht; die Inszenierung ist stilsicher, elegant, während der Kriegsszenen sogar grandios. Tatkräftig unterstützt wird der Regisseur dabei von seinem langjährigen Mitarbeiter John Williams, dessen grossartige Musik höchstes Lob verdient, sowie von Kameramann Janusz Kamiński, der zwar die Farbstilisierung in der Tradition von Gone with the Wind in der finalen Szene masslos übertreibt, ansonsten aber mit brillanten Bildern und vorzüglicher Beleuchtung begeistert. Vom Technischen abgesehen, ist es zudem nahezu unmöglich, sich der emotionalen Komponente des Films zu entziehen. Machen sich Spielberg und seine Autoren des Kitsches, des Pathos, des Betätigens emotionaler Knöpfe, der Manipulation schuldig? Jawohl, und das immer wieder; aber das Schicksal der Protagonisten – primär jenes von Joey und Topthorn – geht trotzdem ans Herz, ob man Pferde nun mag oder nicht. Der Film bedient sich des altgedienten Prinzips der alles überdauernden Freundschaft und fährt damit ausserordentlich gut. War Horse lebt von einem den Zynismus des Zuschauers überwindenden Charme, der sich in mal humanistischen – ein Engländer und ein Deutscher befreien im verstummten, von Leichen übersäten Niemandsland ein in Stacheldraht verheddertes Pferd –, mal traurigen – Topthorns Ende –, mal triumphalen – Joeys ungebremster Galopp durch eine zerstörerische Schlacht –, immer hervorragend aufgezogenen Szenen niederschlägt.

Ob man den neuesten Kassenerfolg des Produzentenduos Spielberg/Kennedy mag oder nicht, hängt stark von der Gewichtung der einzelnen Aspekte ab. War Horse leidet an teilweise eklatanten Fehlern, schafft es aber stets, diese mit wunderschönen Aufnahmen, bewegender Musik, mitreissender Inszenierung und präzis gesetzten Gefühlsmomenten auszugleichen. Gewährt man dem Film Einlass in sein Herz, wird man feststellen, dass auch Kitsch und Pathos einen Platz darin haben – und dass es im zeitgenössischen Kino wohl keinen gibt, der daraus das Beste so effektiv herauszuholen vermag, wie Steven Spielberg.

★★★★

Donnerstag, 16. Februar 2012

Hugo

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Altmeister Martin Scorsese, dessen Werke sich oft durch einen rauen Ton und brutale Gewalt auszeichnen, drehte mit Hugo seinen ersten Familienfilm. Dieser mag formal unvollkommen sein, strotzt aber vor Begeisterung und Liebe, denn es geht um Scorseses grosse Leidenschaft: das Kino.

Paris, 1930: Der Waisenjunge Hugo Cabret (Asa Butterfield) lebt alleine in einem grossen Bahnhof und kümmert sich ums Funktionieren der dortigen Uhren. In seiner Freizeit versucht er, einen Roboter, den sein mittlerweile verstorbener Vater (Jude Law) einst in einem Museum fand, zu reparieren. Die dazu benötigten Teile stiehlt er aus dem Spielzeugladen des mürrisch-melancholischen Georges (Ben Kingsley). Als dieser den jungen Dieb endlich auf frischer Tat ertappt, nimmt er dessen Tüftler-Notizbuch an sich und droht, es zu verbrennen. Das kann Hugo selbstverständlich nicht zulassen, also folgt er Georges nach Hause, wo er dessen Patentochter Isabelle (Chloë Moretz) kennenlernt. Die beiden Kinder freunden sich schnell an; sie zeigt ihm im Buchladen von Monsieur Labisse (die 90-jährige Schauspielerlegende Christopher Lee) die Freuden der Literatur, während er sie ins Kino mitnimmt und ihr sogar seinen defekten Roboter zeigt. Wider Erwarten ist Isabelle in der Lage, diesen zu starten. Sogleich wird klar, dass die Maschine der Schlüssel zu Georges' sorgfältig gehüteter Vergangenheit ist.

Lernen vom Meister: Hugo (Asa Butterfield) erkennt langsam, dass Georges (Ben Kingsley) mehr als nur ein mürrischer Ladenbesitzer ist.
Hugo als blosses Kindermärchen einzustufen, wäre zu kurz gegriffen. Zwar steht ausser Frage, dass Kinder ihre Freude an Aspekten wie Dante Ferrettis bunter Ausstattung, dem elegant gehandhabten 3-D und den Missgeschicken des übereifrigen Stationsvorstehers (Sacha Baron "Borat" Cohen) – eine Reminiszenz an Peter Sellers' Inspector Clouseau aus den Pink Panther-Filmen? – haben werden. Doch Scorseses vorrangiges Zielpublikum sind Filmliebhaber und -aficionados; in seinem Kern ist der Film in erster Linie eine Verneigung vor seinem Medium und eine Art cineastisches Aufklappbuch. Als Aufhänger dienen dazu nicht nur zahllose feine Anspielungen auf Klassiker – von Modern Times und Intolerance über Metropolis bis zu La bête humaine –, sondern vor allem die Figur des Georges, bei welchem es sich um keinen Geringeren als Georges Méliès handelt, den Erfinder und Pionier des narrativen Kinos, der um die Jahrhundertwende frühe Meisterwerke wie Le voyage dans la lune (1902) oder Le voyage à travers l'impossible (1904) drehte, diese Berufung aber aufgrund neuer Publikationsstrategien und mangelnden Publikumszuspruchs während des Ersten Weltkrieges aufgeben musste.

Die schwärmerische, die Werke Frank Capras evozierende Geschichte, welche Drehbuchautor John Logan basierend auf einem Roman von Brian Selznick um diese Verneigung vor Méliès herum aufgezogen hat, ist zwar eindeutig nicht Scorseses Terrain, doch das Herzblut des Regisseurs ist in jeder virtuosen Einstellung spürbar – und dieses ansteckende Feuer für die Thematik hat zur Folge, dass der Film besser ist als die Summe seiner Einzelteile. Mit seinen vielen magischen Momenten erinnert Hugo daran, dass das Kino nichts anderes als ein Ort der Magie ist, wo Kreativität und Vorstellungskraft keine Grenzen gesetzt sind, und dass der Idee, Bewegung auf eine Rolle Film zu bannen, von Anfang an etwas grundsätzlich Revolutionäres innewohnte.

★★★★★

Donnerstag, 9. Februar 2012

Man on a Ledge

Einer der offensichtlichsten Unterschiede zwischen den dramaturgischen Möglichkeiten eines Theaterstückes und eines Films ist die Fähigkeit des letzteren Mediums, das örtliche Setting von einer Szene zur anderen mühelos zu ändern. Immer wieder jedoch versuchen sich Regisseure daran, eine theaterhafte Stimmung zu erzeugen, indem sie ihren Film an nur einem Schauplatz spielen lassen. Im besten Fall entstehen dabei hochkarätige Kammerspiele wie etwa Roman Polanskis Carnage oder gar Meisterwerke wie Luis Buñuels El ángel exterminador oder Sidney Lumets klassisches Gerichtsdrama 12 Angry Men. Im schlechtesten dagegen muss man als Zuschauer mit einem stümperhaft aufgezogenen Langweiler wie Asger Leths Man on a Ledge Vorlieb nehmen.

Nick Cassidy (Sam Worthington), ehemals Polizist, zurzeit wegen angeblichen Diamantenraubes auf der Flucht vor seinen alten Kollegen, bezieht unter falschem Namen ein Zimmer im 21. Stock des berühmten New Yorker Roosevelt Hotels, bestellt etwas zu essen, wischt alle von ihm berührten Oberflächen gründlich ab – abgesehen vom Fensterrahmen: ein grosses Plotloch – und steigt auf den Fenstervorsprung. Es dauert nicht lange, bis Passanten ihn entdecken, gefolgt von Polizei, Feuerwehr und Journalisten, darunter die rasende Starreporterin Suzie Morales (Kyra Sedgwick). Als NYPD-Einsatzleiter Jack Dougherty (Edward Burns) versucht, mit dem angehenden Springer zu reden, würgt dieser das Gespräch ab und verlangt nach Lydia Mercer (Elizabeth Banks), die auf Suizidfälle spezialisiert ist. Mit ihr, welche nichts von der wahren Identität ihres Gegenübers ahnt, beginnt Nick ein langes Gespräch, während im Gebäude nebenan ein Raubüberfall mit Joey (Jamie Bell) und Angie (Génesis Rodríguez) im Zentrum stattfindet, der mit dem Geschehen im Roosevelt Hotel eng verknüpft ist.

Die Qualität von Filmen mit nur einem Schauplatz hängt noch mehr als andere stark vom Können des dahinter stehenden Filmemachers ab. Es überrascht nicht, dass die mit diesem Genre verknüpften Regisseure Polanski, Lumet und Buñuel heissen, denn ohne richtige Intuition und erkennbare Vision hilft auch das beste Drehbuch wenig. Dass es sich bei Man on a Ledge erst um Asger Leths zweite Regiearbeit handelt, ist deutlich zu spüren. Seine Inszenierung und auch Pablo Fenjves' Skript sind geprägt von einer offenkundigen Unsicherheit – daran ändert auch Paul Camerons ansprechende Kameraarbeit nichts. Es ist kein klarer Rhythmus auszumachen; der Film schwankt zwischen erzähltechnischer Trägheit auf Nicks Fenstersims und uninteressanten, bei weitaus besseren Heist-Streifen abgekupferten Thriller-Momenten im begehbaren Tresor des Antagonisten (der verschwendete, aber durch sein Chargieren einigermassen unterhaltsame Ed Harris), welche mit peinlich prominenten Aufnahmen von Génesis Rodríguez' Oberweite "aufgepeppt" werden. Auch das sporadische Aufflackern von Action vermag den dramaturgischen Leerlauf des Films nicht zu brechen, entweder weil der Ausgang dieser Szenen schon feststeht – etwa in einer uninspirierten Rückblende fünf Minuten nach Filmgebinn – oder weil das Prinzip von "Suspension of Disbelief" ein wenig zu stark ausgereizt wird – sehr schön illustriert durch den völlig idiotischen Clou, bei dem jeglicher Realismus bachab geht.

Am Abgrund: Der verzweifelte Nick (Sam Worthington) und die Psychologin Lydia (Elizabeth Banks).
Es gestaltet sich auch schwierig, sich eine Identifikationsfigur zu suchen. Neil Cassidy, der diese Rolle eigentlich übernehmen müsste, fehlt es an Tiefe und einer überzeugenden, feiner ausgearbeiteten Hintergrundgeschichte. Dazu passt letztlich auch Sam Worthingtons blutleere Performance, die zu keinem Zeitpunkt das Gefühl vermittelt, es stehe für die Figur etwas auf dem Spiel. Diejenigen Protagonisten, mit denen man zumindest eine Spur mitfühlen kann, werden vom Drehbuch leider ziemlich schäbig behandelt; so wird die traumatisierte Lydia Mercer, welche im letzten Akt, der in disneyartigen Kitsch mündet, plötzlich zum zweidimensionalen "Romantic Interest", während Nicks Ex-Partner und Freund Mike, gespielt von Anthony Mackie (The Hurt Locker, Night Catches Us), sang- und klanglos von der Bildfläche verschwindet.

Und obwohl sich Man on a Ledge als kerniger Thriller präsentiert, hielten es die Macher offenbar für nötig, sich an humoristischen Momenten zu versuchen. Diese beschränken sich auf Slapstick und Wortgeplänkel zwischen Joey und Angie, wobei immerhin die eine oder andere gute Zeile aufblitzt, und Seitenhiebe auf die Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts. Doch was Fenjves wie Sozialkritik erschienen sein muss, ist grösstenteils kindische Pseudo-Satire, die sich in primitiven, Kamerahandys schwenkenden Gaffern, zynischen Polizisten und eitlen und skrupellosen Journalisten erschöpft. Das ist keine ironische Überzeichnung mehr, sondern bemühtes Ausschlachten billiger kulturpessimistischer Stereotypen, wie man sie seit Gregory Hoblits lächerlichem Internetthriller Untraceable kaum unglaubwürdiger gesehen hat.

Die Diamantenräuber Joey (Jamie Bell) und Angie (Génesis Rodríguez).
Asger Leths zweiter Film krankt an einer beträchtlichen Anzahl von Dingen: schmerzhaften Komödieneinschlägen, farblosen Charakteren, einem allzu liberalen Umgang mit den Gesetzen der Physik und mittelmässiger Action. Diese Probleme tragen zwar allesamt ihren Teil zum Scheitern des Projektes Man on a Ledge bei, aber letzten Endes bringt es keines davon endgültig zu Fall. Diese Rolle ist dem Umstand vorbehalten, dass der Film furchtbar langweilig ist. Ohne diese cineastische Todsünde hätte man vielleicht sogar über alles andere hinwegsehen können, wie man es mittlerweile bei manchem Actionthriller tun muss – welch traurige Erkenntnis.

★★½

Tinker Tailor Soldier Spy

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Zu den bekanntesten Spiongeschichten der britischen Literatur zählen neben den James-Bond-Romanen Ian Flemings die Bücher John le Carrés. Mit Tinker Tailor Soldier Spy, einem intellektuellen Thriller erster Güte, adaptierte Tomas Alfredson einen von le Carrés grössten Erfolgen.

Es ist eine Welt von Verschwörungen, Geheimplänen und Decknamen, in die man da als Zuschauer hier eingetaucht wird. Das Jahr ist 1973, der Kalte Krieg ist in vollem Gange. Und in dieser heissen Phase leistet sich "Control" (John Hurt), der Chef des "Circus" – dem MI6, Grossbritanniens Geheimdienst – einen schweren Fehler. Der Agent Jim Prideaux (Mark Strong) soll in Budapest ermitteln, gerät aber in einen Hinterhalt und bekommt eine Kugel in den Rücken, woraufhin Control und sein Assistent, der schweigsame George Smiley (Gary Oldman), auf die Strasse gestellt werden. Ein neuer Vorstand rückt nach, bestehend aus Roy Bland (Ciarán Hinds), Toby Esterhase (David Dencik), Bill Haydon (Colin Firth) und Percy Alleline (Toby Jones), dem neuen Alphatier. Doch Smiley ist nicht lange ohne Arbeit, denn bald schon wird er zurück in den MI6 beordert, wo er als verdeckter Ermittler einen sowjetischen Spitzel, einen "Mole" (Maulwurf), entlarven soll, der sich angeblich in die neue Garde eingeschlichen hat. Dabei leisten ihm besonders Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) und der des Verrats angeklagte Ricki Tarr (Tom Hardy) wertvolle Dienste.

Der neue Film des Schweden Tomas Alfredson, dem Regisseur des Horrordramas Let the Right One in, eignet sich keinesfalls für einen Kinobesuch, dessen Ziel es ist, sich zurückzulehnen und zu entspannen. Tinker Tailor Soldier Spy jongliert mit mehreren Handlungsebenen, benutzt zahlreiche Rückblenden, stellt ungeahnte Verbindungen zwischen Charakteren her und setzt darauf, dass der Zusehende sich die Bedeutungen diverser Geheimdienstbegriffe selber zusammenreimt. Kurz: Alfredson und das zurecht für den Oscar nominierte Autorenehepaar Peter Straughan und Bridget O'Connor, welche 2010 starb, verlangen die geistige Mitarbeit ihres Publikums. Belohnt wird man dafür mit einem ruhigen, verzwickten, vielleicht etwas zu unterkühlt inszenierten Krimi, in dem jede Figur ein dunkles Geheimnis birgt und man in jedem der sachlich-nüchternen Gespräche zwischen den Zeilen lesen muss.

Der einsame Spion: Agent George Smiley (Gary Oldman) im Besprechungsraum des MI6.
Zum Gelingen des Unternehmens tragen neben dem intelligenten Skript auch die Schauwerte bei: Maria Djurkovics Ausstattung und Jacqueline Durrans Kostüme bilden die Siebziger so authentisch nach, dass man sich tatsächlich in einem Film wähnt, der zu jener Zeit entstand. Eingefangen wurde das Ganze von Kameramann Hoyte van Hoytema, der mit grandiosen Detailaufnahmen und Retro-Kniffen wie dem Teleobjektiv operiert. Abgerundet wird Tinker Tailor Soldier Spy durch seine vorzüglichen Schauspieler – von den Nebendarstellern sind Colin Firth, John Hurt, Toby Jones und Benedict Cumberbatch besonders famos –, angeführt vom zurückhaltenden, aber nichtsdestoweniger eindringlichen Gary Oldman, der sich als schweigsamer George Smiley seine erste Oscarnomination redlich verdient hat.

Mit optischer und inhaltlicher Virtuosität sowie gekonnter Subtilität inszenierte Alfredson ein spannendes Figurenschachspiel. Tinker Tailor Soldier Spy ist eine Perle des britischen Thrillerkinos, das den Intellekt wohltuend herausfordert – "jolly good"!

★★★★★

Dienstag, 7. Februar 2012

The Best of 2011 – Film Edition


2012 has been going on for more than a month now already but as Hollywood’s “Award Season” is picking up speed, let’s have a look at some of the best movies of 2011, although you won’t find Oscar favourites like The Descendants, The Artist, Moneyball or Hugo on here, simply because they hit Swiss cinemas this year. So I will count down my top ten favourite films of 2011, based on their Swiss cinema release.

Ganze Liste auf The Zurich English Student (online einsehbar).

Freitag, 3. Februar 2012

Cave of Forgotten Dreams

Im Dezember 1994 stiessen die französischen Speläologen Christian Hillaire, Eliette Brunel-Deschamps und Jean-Marie Chauvet an der Ardèche, nahe der berühmten Pont-d'Arc-Felsformation, auf eine prähistorische Höhle, deren Eingang seit Tausenden von Jahren verschüttet war. Im Innern des gut 500 Meter langen Komplexes fand das Trio Malereien, die vor 32'000 Jahren entstanden und damit die ältesten ihrer Art sind. Um Schimmelbildung und Abnutzung vorzubeugen – eine Massnahme, die im etwas mehr als halb so alten Lascaux lange nicht ergriffen wurde –, wurde die Höhle sogleich so präpariert, dass menschliche Füsse den Boden nicht berühren können, und anschliessend hermetisch abgeriegelt. 2010 erhielt der deutsche Filmemacher Werner Herzog vom Kulturministerium Frankreichs die Erlaubnis, sich der jährlichen Forschungsexkursion anzuschliessen, um Filmmaterial zu sammeln. Das Resultat ist die Dokumentation Cave of Forgotten Dreams, welche zwar durchaus Schwächen offenbart, diese aber allein schon mit ihrem Thema ausgleicht.

Obwohl Herzog primär als prominenter Vertreter des Neuen Deutschen Films, welchen er gemeinsam mit Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders massgeblich mitprägte, bekannt ist, stehen seinen 18 Spielfilmen, darunter zu Klassikern gewordnenen Werken wie Aguirre, der Zorn Gottes oder Fitzcarraldo, nicht weniger als 25 Dokumentarfilme gegenüber. Die beiden Genres beeinflussen sich bei Herzog traditonell gegenseitig, so auch in seinem Film über die nach Jean-Marie Chauvet benannte Ardèche-Höhle. So wird etwa mit einer für das eingesetzte 3D zu unruhigen Kamera in Cave of Forgotten Dreams eingeführt, was dem Vorspann von Nosferatu – Phantom der Nacht schon ziemlich nahe kommt. Musikalisch untermalt wird dieser Anfang von urtümlichen, archaischen Klängen, die aus der Anfangsviertelstunde von Godfrey Reggios Koyaanisqatsi stammen könnten. Die Bilder mögen nach und nach ruhiger werden, die Musik tritt in den Hintergrund, doch die Atmosphäre des Übernatürlichen bleibt vorhanden.

Einer der zahlreichen Bärenschädel aus der Chauvet-Höhle.
Als Dokumentarfilmer gibt sich Herzog nicht damit zufrieden, lediglich Fakten zu komprimieren und massentauglich zu präsentieren. Immer wieder interpretiert er das Leinwandgeschehen aus dem Off mit seiner ruhigen, ausgeglichenen Stimme. Es stellt sich nun die Frage, ob zumindest einige dieser Kommentare zwingend nötig gewesen wären. Je länger der Film dauert, desto spärlicher, dafür umso esoterischer werden Herzogs Einschübe. Während Gedankenexperimente wie die Gegenüberstellung zweier Fussabdrücke in der Höhle – einer von einem Jungen, einer von einem Wolf – einem die Problematiken urzeitgeschichtlicher Archäologie hübsch illustrieren, wirken Witze über Baywatch oder seltsame Parallelen, die zu Albino-Alligatoren, welche in einem nahen, von Wasser aus einem Atomkraftwerk angetriebenen Arboretum leben, gezogen werden, eher irritierend und unnötig manipulativ.

In dieser Hinsicht funktioniert Cave of Forgotten Dreams dann am besten, wenn der Regisseur seine Gesprächspartner, insbesondere die direkt involvierten Wissenschaftler, frei erzählen, erklären und sinnieren lässt, da dort hoch spannende Informationen über die Malereien, die Arbeitsmethoden der Forscher und die Geschichte der wohl zeremoniell gebrauchten Chauvet-Höhle zu finden sind. Leider verliert der Film darob mehrmals seine Geradlinigkeit. Vom eigentlichen Ziel – dem Zeigen des Innern und dem Veranschaulichen der magischen Wirkung des Komplexes – wird mit, zugegebenermassen interessanten, Exkursen zu jungpaläolithischen Fruchtbarkeitskulten, den Anfängen der Herstellung menschenähnlicher Skulpturen, steinzeitlichen Jagdwaffen und alternativen Arten des Aufspürens unentdeckter Höhlen vor allem in der zweiten Hälfe immer wieder abgelenkt.

Die weltberühmte Malerei der galoppierenden Pferde.
Doch letzten Endes tritt hier angesichts von Herzogs Prunkstück so gut wie alles in den Hintergrund – der unstete Fokus, die bemühten Assoziationen, die die Interviewten etwas zu stark leitenden Fragen – und man kann sogar die esoterische Schwärmerei des Regisseurs einigermassen nachvollziehen. Mit perfekt die Nischen und Ausbuchtungen der Höhlenwand unterstreichendem 3D verschlagen einem die Bilder aus der Chauvet-Grotte Sprache und Atem. Zunächst fallen einem natürlich die von Kristallen überzogenen Steine und Knochen auf, ebenso die wundervollen Stalagmit- und Stalaktitgebilde. Und diese natürliche Schönheit wird von der menschlichen – den von erstaunlicher künstlerischer Fertigkeit zeugenden Tierabbildungen – grandios ergänzt. Die vielen Arten, von denen einige mittlerweile ausgestorben sind, welche die Wände von Chauvet zieren – Riesenhirsch, Höhlenlöwe, Wollmammut, Wildpferde –, sind in die Unregelmässigkeiten der Wand integriert und weisen mehrfach überzählige Beine auf, was den Schluss zulässt, die prähistorischen Künstler bemühten sich um einen Bewegungseffekt, eine Art "Urkino" (Herzog). Schlussendlich bleibt allerdings nicht nur die tiefe Ehrfurcht gegenüber den Schöpfern dieser erstaunlichen Artefakte zurück, sondern auch die Faszination für das, was sie repräsentieren – absichtliche Hinterlassenschaften von Menschen, deren Leben sich in einer unvorstellbar weit zurückliegenden Vergangenheit abspielte.

Trotz aller Mängel, die sich Werner Herzogs neuem Film ankreiden lassen, ist er im Grunde ein Musterbeispiel für einen gelungenen Dokumentarfilm. Er ist informativ, er fasziniert, er macht neugierig und er öffnet dem Zuschauer die Augen für ein ihm bisher unbekanntes Wunder dieser Welt. Auch wenn man über unpassende Abschweifungen und allzu exzentrische Passagen hinwegsehen muss, lohnt es sich, Cave of Forgotten Dreams gesehen zu haben – und sei es nur für die transzendentalen Momente der Stille, in welchen nur die Höhlenmalereien von Chauvet zu sehen sind. Sie sind es wert.

★★★★½

Donnerstag, 2. Februar 2012

The Artist

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Ausgerechnet in einer Zeit, in der die Technologie zu praktisch allem fähig ist, was sich ein Filmemacher wünschen kann, erobert ein nostalgischer Stummfilm aus Frankreich die Herzen von Publikum und Kritik: The Artist ist eine sehr charmante Liebeserklärung ans Kino.

Hollywood, 1927: Die Filmindustrie boomt, Kino reiht sich an Kino und in jedem läuft ein Stummfilm-Epos eines grossen Studios. Der Star der Stunde ist George Valentin (Jean Dujardin), unter Vertrag bei Studio-Mogul Al Zimmer (John Goodman), der mit seinem Hund (der hinreissende Uggie) die Kinogänger stets zu begeistern weiss. Einer seiner grössten Fans ist die junge Peppy Miller (Bérénice Bejo), die nach einer Premiere zufällig mit ihm auf ein Pressefoto gerät, welches bald ganz Los Angeles ins Rätseln bringt. Als sich Peppy und George auf dem Filmset wieder treffen – er als Hauptdarsteller, sie als Statistin –, funkt es zwischen ihnen. Das Problem: Er ist bereits verheiratet. Also gehen die beiden wieder getrennte Wege, aber nicht für lange: Mit dem Siegeszug des Tonfilms wird Peppy zum Star, während der am Stummfilm festhaltende George in der Versenkung verschwindet.

Der Grund, weshalb The Artist derzeit in aller Filmfans' Munde ist, dürfte darin liegen, dass der neue Film von Michel Hazanavicius schon jetzt als so gut wie uneinholbarer Oscar-Favorit gehandelt wird. Ob der Rummel verdient ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass heuer Filme im Rennen sind, welche besser, wagemutiger, anspruchsvoller sind – The Descendants oder Midnight in Paris etwa. Doch das kann natürlich nicht dem Film angekreidet werden. Dieser ist eine romantische Tragikomödie, die aus verschiedensten Versatzstücken des klassischen Hollywoodkinos zusammengesetzt ist. Hazanavicius spielt mit der Ästhetik des Tonfilms der Dreissiger- und Vierzigerjahre, zieht seinen Hut vor den Musicals mit Fred Astaire und Ginger Rogers und den Choreografien von Busby Berkeley und stellt Verbindungen zwischen seinen Figuren und echten Stars her – etwa zwischen dem seine Filme verbrennden George und Buster Keaton, der nach dem Tod des Stummfilms dasselbe mit seinen tat. Dass dabei auf gesprochenen Dialog verzichtet wird und stattdessen Zwischentitel eingesetzt werden, ist letztendlich nur das Tüpfelchen auf dem I.

Stoff für Spekulation: Die Filmfreundin Peppy Miller (Bérénice Bejo) trifft erstmals auf den Stummfilmstar George Valentin (Jean Dujardin).
Jedoch ist das Ganze keineswegs eine blosse Aneinanderreihung von Inspirationen; The Artist erzählt vielmehr eine vergnügliche Geschichte, welcher der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm zugrunde liegt. Insofern kann der Film wohl am besten genossen werden, wenn man auch die thematisch ähnlichen Sunset Boulevard und Singin' in the Rain gesehen hat. Getragen wird der Film vor allem vom herrlich aufspielenden Jean Dujardin. Dieser hat nicht nur das perfekt zur Ära passende Gesicht, sondern versteht sich auch sehr gut darauf, seiner Figur ohne Stimme eine Seele zu verleihen. An seiner Seite glänzt insbesondere der grossartig trainierte Terrier Uggie, der seinerseits Erinnerungen an Asta aus der Thin Man-Serie der 30er wach werden lässt.

The Artist in eine Reihe mit Stummfilm-Klassikern wie The Birth of a Nation oder La passion de Jeanne d'Arc zu stellen, wäre vermessen. Hazanavicius' Film ist eine elegante und kurzweilige Verneigung vor den Kindertagen Hollywoods und der stürmischen Übergangsphase zwischen Stummfilm und "Talkies".

★★★★☆☆

Mittwoch, 1. Februar 2012

The Descendants

Gut sieben Jahre ist es her seit Sideways, der Geschichte von zwei Freunden in akuter Midlife-Crisis, die sich auf eine Weintour nach Kalifornien begeben, in den Kinos zu sehen war und mit seinem schwarzen, aber doch menschlichen Humor die Filmfreunde begeisterte. Prompt setzte es einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch ab, bei vier weiteren Nominationen. Der Regisseur hiess Alexander Payne und der Film ist sein bislang letzter geblieben. Mit The Descendants kehrt er auf die grosse Leinwand zurück und das Warten hat sich gelohnt. Die Verfilmung von Kaui Hart Hemmings' gleichnamigem Roman ist eine vielschichtige Familientragikomödie – ernster, berührender, tiefer greifend und, ja, besser als Sideways.

Matt King (George Clooney) ist um die 50, Anwalt, Ehemann, Vater und lebt auf Hawaii. Nicht unerheblicher Reichtum liegt in Griffweite, da seine weit verzweigte, vom hawaiianischen König Kamehameha I. abstammende Familie, angeführt von Cousin Hugh (Beau Bridges, Jeffs älterer Bruder), kurz davor steht, ein riesiges Stück Land auf einer der Inseln des Archipels zu verkaufen. Man könnte denken, dass Matt dies zu einem rundum zufriedenen Menschen machen würde. Aber weit gefehlt: Gattin Elizabeth liegt nach einem Bootsunfall im Koma, was bedeutet, dass er sich erstmals seit Jahren richtig um seine Töchter, die aufsässige Zehnjährige Scottie (Amara Miller) und die exzessiv mit Alkohol und Drogen experimentierende Alexandra (Shailene Woodley), 17, kümmern muss. Diese Aufgabe wird zusätzlich verkompliziert, als ihm die Ärzte mitteilen, dass Elizabeth mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie mehr aufwachen wird und die lebenserhaltenden Gerätschaften in den nächsten Tagen abgeschaltet würden. Und ausgerechnet jetzt gesteht ihm Alexandra, dass sie ihre Mutter beim Fremdgehen erwischt habe.

Im kollektiven Bewusstsein spielt Hawaii die Rolle des immer sonnigen, immer warmen Pazifikparadieses, auf welchem sicherlich die glücklichsten Erdenbewohner leben. Mit dieser Einstellung rechnet Matt gleich zu Beginn des Films ab: Ob nun die Sonne scheint oder nicht, auch Hawaiianer können arbeitslos, missmutig oder sogar krebskrank sein. "Paradise can go fuck itself", in Matts Worten. Und The Descendants wird dieser hyperrealistischen Sichtweise durchwegs gerecht; das Inselidyll wirkt, auch dank der exzellenten Beleuchtung und der Kamera Phedon Papamichaels, ausgewaschen, matt, verlebt. So lässt sich auch das Familienleben der Kings beschreiben, dessen viele Facetten von Alexander Payne und seinen Co-Autoren Jim Rash und Nat Faxon vorzüglich aufgezeigt werden. Die Familie, ohnehin dysfunktional, wird mit der promiskuitiven, aber nun fatalerweise bewusstlosen Mutter auf eine harte Probe gestellt. Die dabei entstehenden Dynamiken, die lange schwelenden und jetzt zu Tage tretenden Konflikte werden zu einer spannenden Geschichte verknüpft, bei welcher die Charakterentwicklung im Vordergrund steht. Matt muss sich damit abfinden, in Zukunft allein erziehender Vater zu sein, was aber durch die Tatsache, dass seine Töchter ihn nicht als Autoritätsfigur akzeptieren – Alexandra quittiert harsche Worte und Gesprächsversuche mit Achselzucken und einem "Whatever...", während für Scottie ihr alter Herr nur ein temporäres Ersatzelternteil darstellt – erheblich erschwert wird. Dem Zuschauer wachsen alle diese nachvollziehbaren, weil unvollkommenen, und ausgezeichnet ausgearbeiteten, Figuren nach und nach ans Herz, sodass ein genuines Interesse daran besteht, wohin die Familienkrise schliesslich mündet.

Matt King (George Clooney) mit einer seiner Töchter, Alexandra (Shailene Woodley).
Grossen Anteil an dieser Überzeugungskraft haben die Darsteller, besonders Shailene Woodley, die in der sich dem Erwachsenwerden stellenden Alexandra ungeahnte Tiefen entdeckt, und George Clooney, der als Matt King wohl seine Karriere-Bestmarke erreicht. Selten sah man den "Sexiest Man Alive" so verletzlich und so unsicher wie hier. Es ist ein unglaublicher Balanceakt, den er als Charakter wie als Schauspieler vollführen muss; er muss seine Wut über die Affäre seiner im Sterben liegenden Frau mit der der Situation angemessenen Trauer vereinbaren. Kein Wunder, dass sich eine der stärksten Szenen von The Descendants zwischen ihm und Elizabeth abspielt. Sie liegt reglos im Koma, er tigert aufgebracht und gekränkt, aber gleichzeitig auch tief getroffen und verzweifelt im Krankenhauszimmer herum, seine Frau anklagend und beschimpfend. "What do you have to say for yourself?", fragt er sie zum Schluss, natürlich ohne eine Antwort zu erhalten. Matt hasst seine Lebenspartnerin in diesem Moment, aber der irrationale Wunsch, ein derartiger Angriff würde sie wieder ins Leben zurückholen, tritt dennoch zu Tage. Darin zeigt sich nicht nur die Klasse von Clooneys Performance, sondern auch die andere grosse Stärke des Films: Matts Tirade ist zwar dermassen absurd, dass man sich eines Lächelns nicht erwehren kann; aber kaum wird einem die ganze Tragweite der Szene bewusst, offenbart sich einem ihre enorme Tragik. Praktisch jeder der fein eingesetzten, teils geradezu sardonischen Lacher, welche entweder die Absurdität gezwungener Interaktion zelebrieren oder das Prinzip "De mortuis nihil nisi bene" hinterfragen, hinterlässt einen kleinen Stich; die "unschuldigeren", etwa diejenigen über die Naivität von Alexandras Freund Sid (der herrliche Nick Krause), kommen einer Katharsis gleich. Billige Witze gibt es nicht.

Überhaupt ist The Descendants zu gleichen Teilen ein Film der Gegensätze und der Verluste – physische wie Elizabeths sich abzeichnender Tod oder der Verkauf des sich seit 200 Jahren im Familienbesitz befindenden Landstücks auf der einen, psychische wie Matts Neuausrichtung seiner Vaterrolle oder Alexandras Einsicht, ab sofort Verantwortung übernehmen zu müssen auf der anderen Seite. Die Wünsche und Hoffnungen der Protagonisten werden mit der harschen Realität konfrontiert: der Versuch der Kings, Normalität walten zu lassen trotz der familiären Katastrophe; und, nicht zuletzt, das trotz seiner Urbanität immer noch von pazifischer Schönheit geprägte Hawaii mit der grundsätzlich traurigen Geschichte. Das Ende derselben ist seinerseits ein Geniestreich Paynes. Mit einer einzelnen, relativ langen Einstellung führt er seinen Film zu einem versöhnlichen, in seiner beinahe Kaurismäki'schen Einfachheit genialen Schluss. Einerseits wird dabei eines der Filmgebote des grossen Billy Wilder – dem Zuschauer muss am Ende eine Richtung angedeutet werden – in Perfektion berücksichtigt; andererseits fasst dieses eine Bild, welches manch ein Kinogänger wohl als komödiantischen Nachsatz missdeuten könnte, den ganzen Film hervorragend zusammen – und das nicht mit einem abschliessenden Dialog, sondern bloss mit einem letzten prüfenden Blick auf die Figuren, mit denen man in den vorangegangenen 115 Minuten mitgefiebert und -gelitten hat.

Familienausflug: Matt, Scottie (Amara Miller) und Alexandra und ihr Freund Sid (Nick Krause) am Strand.
Auf seine eigene Art und Weise ist The Descendants ein fantastisches Filmerlebnis, bei dem es eine wahre Freude ist zu sehen, wie sich die brillant erzählte Geschichte entwickelt. Mit seinem mit diversen Nebenplots spielenden Konzept ging Payne ein beträchtliches Risiko ein, auch da der mit vielen Gefühlen aufgeladene Plot leicht zu einer besseren Seifenoper hätte degenerieren können. Aber die Regie- und Autorenqualitäten Paynes sind unbestritten; er gibt sich nicht mit Kompromissen und einfachen Problemlösungen zufrieden, sondern geht seinen Charakteren konsequent und punktgenau auf den Grund. Und dabei trifft er keinen falschen Ton.

★★★★★★