Donnerstag, 16. Juli 2015

Terminator Genisys

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat.

Was 1984 mit einem kaum prestigeträchtigen Science-Fiction-Actionstreifen eines noch jungen James Cameron begann, hat inzwischen sein viertes Sequel erreicht. Doch Überdruss stellt sich in Terminator Genisys, in dem Arnold Schwarzenegger wieder in seine wohl ikonischste Rolle schlüpft, dennoch nicht ein.

"I'm old, not obsolete", grummelt T-800 (Arnold Schwarzenegger) nach nur wenigen Minuten auf der Leinwand. Tatsächlich, es gibt ihn schon lange: 1984 war er der Titel gebende Terminator – ein Killerroboter mit menschlicher Hülle –, der im Auftrag des bösartigen Computerprogramms Skynet, welches nach der atomaren Apokalypse die verbliebenen Reste der Menschheit unterwarf, aus dem Jahr 2029 in die Achtzigerjahre reiste, um Sarah Connor, die Mutter eines zukünftigen Rebellenführers, umzubringen. 1991 folgte Terminator 2: Judgment Day – die Quelle des legendären "Hasta la vista, baby"-Einzeilers –, in dem sich ein umprogrammierter T-800 auf die Seite von Sarah und deren Sohn schlug, um sie vor Skynets neuestem Schergen zu bewahren. Schwarzeneggers politische Ambitionen führten zu einem verkürzten Auftritt des T-800 in Rise of the Machines (2003) sowie einem weiteren – quasi in absentia – in Terminator Salvation (2009), wo das Gesicht des "Governators" per CGI auf Roland Kickinger projiziert wurde.

Und jetzt sind also Schwarzenegger und sein steifer, wortkarger T-800, den Sarah Connor (Emilia Clarke) hier liebevoll "Pops" nennt wieder da – alt, aber nicht obsolet. Dies stellt er schon während seines ersten Auftritts in Terminator Genisys unter Beweis. Durch die diversen Zeitreisen, welche die Figuren seit dem Original über sich haben ergehen lassen müssen, verschoben sich im Franchise-Universum die Zeitebenen, weshalb der umprogrammierte, "gute" Terminator hier zuallererst den bösen Terminator, den jungen Schwarzenegger, aus dem ersten Film aus dem Weg räumen muss – eine sowohl in Sachen Inszenierung als auch Subtext mitreissende Szene. Es folgt ein etwas verworrener Plot um Kyle Reese (Jai Courtney), die rechte Hand von Sarahs Rebellen-Sohn John (Jason Clarke), der sich in der Zeit zurück bewegt, sich dort Sarah und dem guten T-800 anschliesst und mit ihnen ins Jahr 2017 reist, wo sie versuchen, die Aufschaltung des Betriebssystems "Genisys" verhindern, mit dem Skynet (Matt Smith) in der alternativen Chronologie die Macht an sich reissen will.

The Governator back in action: Der Terminator T-800 (Arnold Schwarzenegger, Mitte) hilft Sarah Connor (Emilia Clarke) und Kyle Reese (Jai Courtney) beim Kampf gegen das schurkische Computerprogramm Skynet.
© Paramount Pictures Switzerland
Ob man aus dieser Synopsis nun schlau wird oder nicht, spielt letztlich kaum eine Rolle. Terminator Genisys steht auf seinen eigenen Beinen und funktioniert grösstenteils unabhängig von seinen Vorgängern – mit Ausnahme der obligaten Referenzen und Hommagen, mit welchen Regisseur Alan Taylor (Thor: The Dark World) ein gewitztes Spiel treibt. Über alle Zweifel erhaben ist sein Film zwar nicht: Immer wieder rutschen die Dialoge ins Pathetische oder Gestelzte ab, und die feministisch angehauchte Neubewertung von Sarah Connor – seit jeher eine Figur, deren Wichtigkeit nicht sie selbst, sondern ihre Mütterlichkeit ist – wird durch eine aus Kontinuitätsgründen in die Handlung eingeflochtene Liebesgeschichte ein wenig unterminiert. Doch Genisys ist nichtsdestoweniger ein Sommer-Blockbuster der bekömmlichen Art; die Action-Sequenzen und -Szenarien sind ebenso variantenreich wie gekonnt in Szene gesetzt, die visuelle Gestaltung ist überaus ansprechend.

Und dann wäre da noch der überzeugendste Faktor in einem ansonsten vielleicht etwas allzu gesichtslosen Film. "I'm old, not obsolete" lässt sich nämlich auch als Plädoyer für den oft kritisierten Rückgriff auf bewährte Stoffe lesen, ist Terminator Genisys doch eine "späte" Fortsetzung im Stile eines Jurassic World oder eines Mad Max: Fury Road, ein Film, der alte Fäden wieder aufnimmt, alte Ideen nicht rezikliert, sondern sie weiterentwickelt. Versinnbildlicht wird dies hier insbesondere durch den T-800, das unbestrittene emotionale Zentrum des Films. 31 Jahre nach seinem ersten Auftritt erhält der Terminator dank der minimalistischen Darbietung Schwarzeneggers – alles andere als ein begnadeter Schauspieler, doch richtig eingesetzt zu Grossem fähig (wie vor ihm schon Charles Bronson) – in kleinen, feinen Momenten neue Tiefe.

★★★

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