Donnerstag, 19. Dezember 2013

The Hobbit: The Desolation of Smaug

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat.


Nach dem unvollkommenen, insgesamt aber unterhaltsamen ersten Teil der Hobbit-Trilogie bietet The Desolation of Smaug einen düstereren, brutaleren Blick auf J. R. R. Tolkiens Roman. Auch Teil zwei kommt nicht ohne Probleme aus, brilliert aber mit einem fulminanten Schlussdrittel.

Das Kinderbuch The Hobbit, or There and Back Again, 1937 erschienen, folgt, ganz seinem Titel entsprechend, der unglaublichen Reise, die der Hobbit Bilbo Baggins mit einer Kompanie von 13 Zwergen und dem mächtigen Zauberer Gandalf quer durch den mythischen Kontinent Mittelerde unternimmt, um den bösen Drachen Smaug aus der einstigen Zwergenfestung Erebor zu vertreiben. Diese Geschichte hat der neuseeländische Regisseur Peter Jackson, welcher mit der Tolkien-Leinwandtrilogie The Lord of the Rings weltweit Kultstatus erlangte, nun um dermassen viele Handlungsstränge erweitert und verlängert, dass der Titel gebende Hobbit (gespielt vom ideal besetzten Martin Freeman) mittlerweile zur Nebenfigur degradiert wurde. Die Tendenz machte sich in An Unexpected Journey bemerkbar; in The Desolation of Smaug liegt der Fokus über weite Strecken unverhohlen auf dem Zwergen-Anführer Thorin Oakenshield (Richard Armitage), Magier Gandalf (Ian McKellen) sowie auf der unglücklich konzipierten, weil dramaturgisch überflüssigen, Liebesgeschichte zwischen einem Zwerg und einer Kriegerin aus dem verschlagenen Volk der Waldelben.

Doch wie schon in An Unexpected Journey, als Bilbo mit dem mysteriösen Gollum (Andy Serkis) in einem Rätselwettstreit um sein Leben feilschte, erreicht The Desolation of Smaug seinen Höhepunkt dann, als Jackson sich von allen Ablenkungen vorübergehend verabschiedet und sich ganz seinem kleinen, bescheidenen Helden aus dem grünen Shire widmet. Bilbos Zwiegespräch mit Gollum war, dank Worten und Schauspielleistungen allein, der unumstrittene Höhepunkt des ersten Teils; das Gleiche gilt für den zweiten Teil, in dessen drittem Akt Bilbo von seinen Reisegefährten ins Innere von Erebor geschickt wird, um Smaug einen Edelstein abzuluchsen. Was folgt, ist eine der besten Sequenzen aus Jacksons ganzem Mittelerde-Legendarium: Smaug – makellos animiert, von Benedict Cumberbatch schlichtweg grandios gesprochen, eine vortreffliche Mischung aus Satansfigur ("I am fire, I am death") und mittelalterlichem Märchen-Schreckgespenst – liefert sich ein packendes, aufregend inszeniertes Rededuell mit dem schlauen Bilbo, dessen stattliche Länge vollauf gerechtfertigt ist.

In der Höhle des Löwen: Hobbit Bilbo (Martin Freeman) muss einen Edelstein aus der Schatzkammer des bösen Drachen Smaug entwenden.
© 2012 Warner Bros. Ent.
Dasselbe lässt sich für den Rest des rund 160-minütigen Films nicht immer sagen. Allzu oft verweilt Jackson auf Angelegenheiten – etwa dem Konflikt zwischen dem Waldelben-König Thranduil (Lee Pace) und seinem Sohn Legolas (Orlando Bloom) –, welche auf die Schlacht, die im dritten Teil (There and Back Again, 2014) geschlagen werden wird, sowie auf den Beginn der Lord of the Rings-Saga hinweisen sollen, im Ganzen aber eher zur herrschenden narrativen Unordnung beitragen. An anderen Stellen hingegen nimmt sich der Film nicht genug Zeit; so zum Beispiel bei der Wanderung von Bilbo und den Zwergen durch den verwunschenen Düsterwald, auf dessen die Sinne benebelnde Wirkung nicht befriedigend eingegangen wird – eine enttäuschend überhastete Sequenz.

Und dennoch ist The Desolation of Smaug, wie schon sein Vorgänger, ein mitunter irritierendes, aber zumeist aufregendes Abenteuer, versinnbildlicht durch jene hervorragende Szene, in der Bilbo und Kompanie in leeren Fässern durch Stromschnellen schiessen, um aus elbischer Gefangenschaft zu entkommen: Elben jagen Zwerge, Orks töten Elben, Zwerge bekämpfen Orks; alles ist in Bewegung, physikalische Gesetze scheinen aufgehoben, Motive verschwommen – doch Langeweile stellt sich nie ein.

★★★

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen