Sonntag, 7. Oktober 2012

The Words

Nicht viele Regiedebütanten sind mit einer derartig günstigen Ausgangslage gesegnet wie Brian Klugman und Lee Sternthal. Trotz eines vergleichsweise schmalen Budgets stand ihnen ein hochkarätiger Cast mit alten Haudegen sowie aufstrebenden Stars zu Verfügung und ihre mit reichlich literarischem Pathos gefüllte Geschichte versprach, eine breite Zuschauermasse anzusprechen. Doch das Potenzial wurde nicht ausgenutzt: The Words ist ein uninteressantes Drama vom Fliessband.

Clay Hammond (Dennis Quaid) betritt die Bühne, räuspert sich und beginnt, aus seinem neuen Buch vorzulesen – "The Words, by me." Der Roman handelt von Rory Jansen (Bradley Cooper), einem um Erfolg ringenden Schriftsteller, der mit seiner Frau Dora (Zoe Saldana, welche im Abspann unverständlicherweise mit dem Ehrenzusatz "and..." gewürdigt wird) ein kleines New Yorker Appartement bewohnt. Talent wäre zwar vorhanden, doch die angespannte wirtschaftliche Lage macht es für Amateur-Autoren schier unmöglich, von den Verlagen eine Chance zu erhalten; Rory muss seinen Vater (J. K. Simmons) Monat für Monat um Geld bitten. Doch als er per Zufall ein packendes Manuskript entdeckt und unter seinem Namen veröffentlicht, ändert sich seine Situation schlagartig: Binnen kurzer Zeit wird das Buch zum nationalen Phänomen, Rory wird berühmt. Als jedoch ein mysteriöser alter Mann (Jeremy Irons) auftaucht, der behauptet, das Erfolgswerk verfasst zu haben, fällt Rorys Welt in sich zusammen.

Intellektuell und hintergründig, so will The Words sein, eine subtile Meditation über das Wesen der Literatur. Den diesbezüglichen Schlüsselsatz flüstert Clay Hammond gegen Ende des Films einer Bewunderin zu: Wahrheit und Fiktion lägen nahe beieinander, aber zu einer Berührung komme es nie. Um dieses Stück Dialog zu illustrieren, bemüht das Regisseur- und Drehbuchautorenduo Klugman und Sternthal eine penetrant verschachtelte, enorm gezwungen wirkende Erzählung, die mit gewichtiger Miene auf den verschiedenen Ebenen die gleichen Bilder aufgreift und dem Zuschauer die ohnehin offensichtlichen Parallelen zwischen den Figuren buchstäblich einhämmert. Den Coup de grâce schliesslich stellen die nicht enden wollenden Querverweise auf Leben und Wirken von Ernest Hemingway dar: Der Protagonist im Buch im Buch im Film liest The Sun Also Rises; Rorys Gewissenskrise wird durch einen Mann ausgelöst, der nur als "Old Man" bezeichnet wird; und die Anekdote, wie Hemingway den Grossteil seines Frühwerkes verlor, darf selbstverständlich auch nicht fehlen.

Der Schwindler und der Schriftsteller: Rory (Bradley Cooper) setzt sich mit dem mysteriösen alten Mann (Jeremy Irons) auseinander.
Gelänge es den Machern, diese Fragmente der Inspiration mit einem vernünftigen Literatur-Motiv zu einer befriedigenden Geschichte zu verbinden – wie es etwa Regisseure wie Curtis Hanson (Wonder Boys), Jean Becker (La tête en friche) oder auch Rob Epstein und Jeffrey Friedman (Howl) geschafft haben –, dann fiele es auch leichter, das Ganze ernst zu nehmen, ihm Substanz zuzugestehen. Doch so wie die Dinge liegen, wirken die Ausschweifungen und Ausschmückungen, literarischer und sonstiger Art, bestenfalls unnötig, schlechtestenfalls selbstgefällig. Der, obgleich dreigeteilt, hauchdünne Plot vermag niemals zu packen, ebenso wenig das Schicksal seiner bloss grob skizzierten Figuren. The Words ist schlicht langweilig; es herrscht dramatischer Stillstand, den selbst der stellenweise in bester Dungeons & Dragons-Manier chargierende Jeremy Irons nicht überwinden kann. Der Rest der ansehnlichen Schauspieltruppe, vielleicht mit Ausnahme von J. K. Simmons, erledigt seine Arbeit ohne jede Begeisterung. Dennis Quaid verzieht kaum eine Miene, Zoe Saldana schluchzt sich durch die Handlung, Bradley Cooper gibt den ins Off starrenden, privilegierten, aber dennoch romantisch gequälten "Artiste".

Trotz allem ist The Words kein schrecklicher Film. Vieles von dem, was Klugman und Sternthal dem Publikum vorsetzen, irritiert, nervt, verursacht Kopfschütteln, doch so richtig empören kann der Streifen nicht. Dafür, und vielleicht ist dies angesichts des vorhandenen Potenzials sogar die vernichtendere Erkenntnis, ist er zu einfallslos, dröge und fad; er plätschert vorüber, ohne bleibende Eindrücke zu hinterlassen. The Words will grosse Literatur sein, erreicht aber schlussendlich nicht einmal das Niveau eines Groschenromans. Diese sind wenigstens zumeist unterhaltsam.

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