Donnerstag, 4. September 2014

Guardians of the Galaxy

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Heimat.

Iron Man, Hulk, Thor, Captain America – die klingenden Namen der Avengers garantieren der Filmabteilung von Marvel Comics seit nunmehr sechs Jahren konstant stattliche Umsätze. Nun wird in Guardians of the Galaxy eine weniger bekannte Heldentruppe ins Rampenlicht gerückt. Dem Spass ist das keineswegs abträglich.

Wer mit beinahe jeder Produktion die 500-Millionen-Dollar-Marke an den Kinokassen knackt, der kann getrost einmal ein Wagnis wie die Adaption der unter den nicht einschlägig Informierten weitestgehend unbekannten Guardians of the Galaxy-Comics eingehen. Es ist nicht zuletzt dieser Liebe zum vollständigen eigenen Kanon zu verdanken, dass Marvel der Konkurrenz von DC schon längst den Rang abgelaufen hat. Während bei DC Drehbuchautoren an Pressekonferenzen Comic-Fans beleidigen, die Aufmerksamkeit strikt den inzwischen praktisch miteinander verschmolzenen Aushängeschildern Batman und Superman gilt und potentiell ergiebigen Figuren wie Martian Manhunter, Green Arrow oder – allen voran – Wonder Woman der Sprung auf die Leinwand auf Grund ihrer "unrealistischen" Natur verwehrt wird, erfreut sich Stan Lees Marvel an der kunterbunten Vielfalt ihrer nicht selten haarsträubenden Charaktere. DC schweigt vergangene Fehlschläge (Batman & Robin) zu Tode; Marvel beweist Selbstironie und ruft dem Publikum in James Gunns Guardians of the Galaxy das schon fast vergessene Desaster Howard the Duck (1986) in Erinnerung. DC brütet über der "lächerlichen" Prämisse von Wonder Woman; Marvel und Gunn erheben einen schiesswütigen Waschbären und einen sprechenden Baum zu Protagonisten.

Trotz der nicht selten hohen Qualität der Einträge in die Avengers-Reihe bietet die Sammlung von Marvels "B-Prominenten" in Guardians of the Galaxy eine willkommene Abwechslung zum solide etablierten Figurenkreis des Studios. Statt nordischer Götter (Thor), Genies in mechanischen Anzügen (Iron Man), genetisch veränderter Soldaten (Captain America) und nuklearer Wutungetüme (Hulk) fokussiert sich Gunn, Regisseur der Superhelden-Satire Super, auf den Erdling Peter Quill alias Star-Lord (TV-Komödiant Chris Pratt auf Kurs Richtung Star-Status), welcher 1988 nach dem Tod seiner Mutter vom Alien-Banditen Yondu (Michael Rooker) adoptiert wurde. Als Peter auf einem verlassenen Planeten eine mysteriöse Kugel entdeckt und damit ins Visier des ausserirdischen Warlords Ronan (Lee Pace) gerät, trifft er auf Gamora (Zoe Saldana), Ziehtochter von Avengers-Erzfeind Thanos (Josh Brolin), den wortgewandten Muskelprotz Drax the Destroyer (Wrestler Dave Bautista) sowie das "dynamische" Kopfgeldjäger-Duo Rocket (Stimme: ein herausragender, allerdings kaum erkennbarer Bradley Cooper) und Groot (Stimme: Vin Diesel) – Ersterer ein hochintelligenter, aus einem Forschungslabor entflohener Waschbär, Letzterer ein humanoider Baum, welcher nur den Satz "I am Groot" (von Diesel mit erstaunlicher Varietät gesprochen) von sich geben kann. Obwohl die einzelnen Figuren grundverschiedene Ziele verfolgen und sich gegenseitig mehreren Auftraggebern auszuliefern gedenken, sehen sie sich gezwungen zusammen zu spannen, um der Bedrohung Ronans trotzen zu können.

"Band of Misfits": Die interstellar gesuchten Kriminellen (v.l.) Gamora (Zoe Saldana), Rocket (Stimme: Bradley Cooper), Peter Quill (Chris Pratt), Groot (Stimme: Vin Diesel) und Drax (Dave Bautista) vereinen sich zu den Guardians of the Galaxy.
© Marvel Studios
Zwar vermag Guardians of the Galaxy mit seiner Geschichte kaum zu überraschen – er folgt dem dramaturgischen Schema der Avengers-Filme –, doch er sprüht nichtsdestoweniger förmlich vor Fantasie: Im Stile von Star Trek und der Romanserie The Hitchhiker's Guide to the Galaxy von Douglas Adams ist es Gunn und seiner Crew hier gelungen, ein lebendiges, mannigfaltiges Universum voller individueller Schauplätze und variantenreicher Alien-Spezies zu schaffen. Zudem unterstreicht der durchgehend unterhaltsame Film Marvels Ruf, im Vergleich zu DC nuanciertere, mehrdimensionale Figuren erschaffen zu haben, auf eindrückliche Art und Weise. Gerade abseits, mitunter aber auch inmitten der (exzellent animierten) Actionsequenzen zeichnet sich Guardians of the Galaxy mit durchaus emotionalen Charaktermomenten aus, in denen besonders – man hätte es nicht für möglich gehalten – Bradley Coopers Rocket Raccoon zu glänzen weiss. Ein Blockbuster mit dem Herz am rechten Fleck.

★★★

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