Montag, 8. Oktober 2018

A Star Is Born

Wie oft lässt sich die gleiche Geschichte gewinnbringend erzählen? Dieser Frage geht der mehrfach oscarnominierte Schauspieler Bradley Cooper (Silver Linings Playbook, American Sniper) in seinem Regiedebüt nach: Sein A Star Is Born ist nach den Versionen von George Cukor (1954) und Frank Pierson (1976) das dritte Remake von William Wellmans gleichnamigem Technicolor-Klassiker aus dem Jahr 1937.

Dass der Plot der Affiche schon zu Wellmans Zeiten ziemlich generisch war, tut hier nichts zur Sache. Das A Star Is Born-Vehikel lebt von seiner schnörkellosen Darstellung der grausam simplen Show-Business-Logik: Eine junge Entertainerin – eine Schauspielerin im Original, eine Sängerin in den Neuauflagen – erreicht die Spitze des Stardaseins, während ihr Mentor in der Versenkung verschwindet. Es ist eine Kulisse, vor der Darstellerinnen zu Legenden werden: Janet Gaynor, Judy Garland, Barbra Streisand – und jetzt Stefani Germanotta, besser bekannt als Lady Gaga.

Sie übernimmt hier die Rolle von Ally, einer Kellnerin mit fabelhaftem Gesangstalent. Als der abgehalfterte Country-Musiker Jackson Maine (Bradley Cooper) auf sie aufmerksam wird, verändert sich ihr Leben für immer: An Jacksons Seite – professionell und romantisch – wandelt sie sich innert kürzester Zeit vom Bandmitglied zur gefeierten Solokünstlerin. Doch ihr Erfolg wird überschattet von Jacksons Alkohol-, Drogen- und Gesundheitsproblemen.

Coopers A Star Is Born krankt nicht daran, dass das Tellerwäscherin-zur-Millionärin-Schema von Hollywood schon hundertfach abgespult wurde. Das Problem liegt darin, dass diese spezifische Geschichte, jene von A Star Is Born, bereits dreimal erzählt wurde – und dass die vorliegende Fassung nicht einmal dann funktioniert, wenn man keinen einzigen ihrer Vorgänger gesehen hat.

Denn es scheint, als hätte der Legendenstatus dieser Quasi-Franchise Cooper und seine Co-Autoren Eric Roth und Will Fetters zur Nachlässigkeit verleitet. Ally und Jackson sind keine überzeugend ausgearbeiteten Figuren, sondern bleiben Schablonen. Ihr Verhalten – und somit auch jegliche narrative Entwicklung – wird nicht durch äussere Umstände, sondern durch ihre Mediengeschichte bestimmt. Dinge geschehen nicht, weil sie organisch aus der Handlung folgen, sondern weil sie 1937, 1954 und 1976 auch geschahen.

Ihr Stern geht auf, seiner geht unter: Ally (Lady Gaga) und Jackson Maine (Bradley Cooper).
© 2018 Warner Bros. Ent.
Das mag zum einen das Versäumnis von Drehbuch und Regie sein. So zeugt etwa Coopers wiederholter Versuch, mit dem emotionalen Vorschlaghammer über fehlende kausale Zusammenhänge hinwegzutäuschen, nicht eben von sauberem Handwerk. Doch zum anderen liefert dieser bisweilen frustrierend inkohärente Film auch den Beleg, dass sogar die Lebenszeit von einem kanonischen Werk wie A Star Is Born begrenzt ist. Der Fluss der Zeit hat die Feinheiten der Erzählung und der Charakterisierungen bis zur Unkenntlichkeit glatt geschliffen.

Zudem wirkt die zentrale Beziehung, gerade vor dem Hintergrund von #MeToo und Time's Up, wie ein hoffnungsloser Anachronismus. Besonders Jacksons frühes Werben um die selbstbewusste Ally ist von einer unangenehmen Aufdringlichkeit; mehrmals stossen Verneinungen und Wünsche von Ally auf taube Ohren. Diese dubiosen Elemente sind zwar nicht so eklatant, als dass sie Jackson als Protagonisten disqualifizieren würden; doch sie untergraben allzu oft die Romantik, die der Film heraufzubeschwören versucht.

A Star Is Born pocht mit Nachdruck auf seine Daseinsberechtigung. Musik, so der grossartige Sam Elliott (als Jacksons Bruder Bobby) kurz vor dem Ende, sei ja auch nur das Arrangieren der immer gleichen zwölf Töne. Doch es gelingt dem Film nicht, dieses Selbstbewusstsein zu rechtfertigen. Bradley Coopers Debüt auf dem Regiestuhl ist wenig mehr als eine Sammlung überwiegend ansprechender Lady-Gaga-Songs, zwischen denen überlieferte Plotfetzen durch ein emotionales Vakuum schwirren.

★★

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