Freitag, 26. April 2013

I Give It a Year

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Der Londoner Autor Dan Mazer startet seine Regie-Karriere mit dem Versuch, den absurd-feinsinnigen britischen Humor mit seinem roheren amerikanischen Äquivalent zu verbinden. Viel Neues ist dabei nicht entstanden: I Give It a Year entpuppt sich als höchst durchschnittliche Komödie.

Nur sieben Monate, nachdem sie sich kennengelernt haben, beschliessen der Amateur-Schriftsteller Josh (Rafe Spall) und die Karrierefrau Nat (Rose Byrne), sich das Jawort zu geben. Lange währt die traute Glückseligkeit aber nicht: Nach weniger als einem Jahr Ehe sitzen die beiden bereits bei der Paartherapeutin (Olivia Colman) und besprechen ihre Probleme. Während er sich immer stärker zu seiner tollpatschigen Ex-Freundin Chloe (Anna Faris) hingezogen fühlt, scheint sie geheime Gefühle für ihren Geschäftspartner, den reichen Amerikaner Guy (Simon Baker), zu hegen. Kann die Ehe gerettet werden oder bewahrheitet sich die Prophezeihung – "I give it a year" – von Nats Schwester Naomi (Minnie Driver)?

Obwohl die Unterschiede zwischen amerikanischem und britischem Filmhumor längst nicht mehr gravierend sind, haben beide Traditionen bis heute gewisse spezifischen Eigenheiten beibehalten. Noch immer zeichnen sich Briten durch ihren Hang zur mitunter gesellschaftskritischen Ironie aus, während in Amerika die physische Komödie und der Witz an sich – und nicht seine Implikation – weiterhin gross geschrieben werden. Die Idee, diese beiden Philosophien miteinander zu verschmelzen, ist zwar nicht neu – man denke an Grosserfolge wie Four Weddings and a Funeral, Death at a Funeral oder die von Dan Mazer selbst verfassten Anarcho-Mockumentarys Borat und Brüno –, wurde aber selten zuvor dermassen explizit wie in I Give It a Year verfolgt.

Es ist also kein Zufall, dass der Film mit der Hochzeit eines Engländers und einer Amerikanerin beginnt, von der Beziehungskrise des neuen Paares handelt und mit einer ebenso internationalen Ménage à quatre endet. Dabei beginnt das Zusammenspiel der humoristischen Kulturen bereits in der ersten Sequenz, in welcher Mazer bewusst das Happy End anderer Liebeskomödien an den Anfang stellt: Dem im entscheidenden Moment ein Hustenanfall ereilenden Pfarrer – eine klare Verneigung vor Rowan Atkinsons Auftritt in Four Weddings and a Funeral – folgt eine lange, zotige, keine Peinlichkeit auslassende Rede von Joshs Freund Danny (Stephen Merchant).

Josh (Rafe Spall, r.) verliebt sich in Chloe (Anna Faris, 2.v.l.), während seine Frau Nat (Rose Byrne) ein Auge auf Guy (Simon Baker) wirft.
© Rialto Film AG
Überraschenderweise ist aber nicht eine allfällige Disharmonie zwischen den beiden Methoden, sondern schlicht ein schwaches Drehbuch das Problem von I Give It a Year. Manche Witze, ob subtil oder überzogen, mögen funktionieren; andere können dank des komödiantischen Flairs eines Schauspielers überzeugen, wobei sich das Mitwirken Stephen Merchants als besonders willkommen erweist; viele verpuffen jedoch schon im Ansatz. Zwar ist Mazers Humor lange nicht so beleidigend wie der eines Judd Apatow, dessen Stil hier leider allzu oft zitiert und imitiert wird; dafür zehrt die Abwesenheit einer ansprechenden Geschichte und nachvollziehbarer Protagonisten an der Qualität des Projekts: Von der sympathischen Chloe und dem pathologisch unverschämten Danny abgesehen, ist es schwierig, sich für eine der mal egoistischen, mal nörgelnden, mal langweiligen Figuren zu erwärmen.

So unterhält I Give It a Year zwar leidlich; zu befriedigen vermag er aber keineswegs. Als Zuschauer verbringt man seine Zeit im Kinosessel nicht damit, der Handlung zu folgen, sondern geduldig auf den nächsten gelungenen Witz zu warten. Die Kunst einer guten Komödie bestünde darin, diese Zwischenräume zu füllen.

★★

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