Donnerstag, 20. Dezember 2012

The Hobbit: An Unexpected Journey

Diese Kritik erschien zuerst in gedruckter Form in der Wochenzeitung Region.

Nach dem überwältigenden Erfolg seiner The Lord of the Rings-Vefilmungen widmet sich Regisseur Peter Jackson nun dem Beginn von J. R. R. Tolkiens Middle-earth-Saga – in drei Filmen à je drei Stunden. The Hobbit: An Unexpected Journey veranschaulicht die Problematik des Unterfangens.

Bilbo Baggins (Martin Freeman) ist ein Hobbit aus dem grünen Shire (deutsch: Auenland) irgendwo im Nordwesten des mythischen Middle-earth (Mittelerde). Er geniesst sein ruhiges Leben, das er lesend, essend und rauchend in seinem gemütlichen Häuschen verbringt. Doch eines Tages steht der mächtige Zauberer Gandalf (Sir Ian McKellen) vor seinem Gartentor und erzählt ihm von einem grossen Abenteuer. Noch am selben Abend dringen dreizehn Zwerge unter ihrem Anführer Thorin Oakenshield (Richard Armitage) in Bilbos Wohnung ein und fordern den perplexen Hobbit dazu auf, sie auf ihrer Reise zu begleiten. Ihr Ziel ist es, die legendäre Zwergenfestung Erebor aus den Fängen des bösen Drachens Smaug zu befreien. Als Bilbo schliesslich einwilligt, ahnt er noch nicht, welche Gefahren ihn erwarten: schwarze Magie; rabiate Trolle; der bleiche Ork, der es auf Thorins Kopf abgesehen hat; ein kleines Männchen namens Gollum (Andy Serkis), welches einen geheimnisvollen Ring bei sich trägt.

J. R. R. Tolkiens The Hobbit, veröffentlicht 1937, gehört bis heute zu den populärsten Kinderbüchern der Welt und gilt als ein Meisterwerk der Fantasy-Unterhaltungsliteratur. Gegen eine Filmadaption lässt sich also grundsätzlich nichts einwenden, insbesondere wenn das Projekt unter der Regie Peter Jacksons ausgeführt wird, jenes Filmemachers, der bereits Tolkiens Lord of the Rings-Trilogie werkgetreu, wenn auch etwas langfädig, auf die Leinwand gebracht hat. Anlass zu Zweifeln gab aber die Ankündigung, The Hobbit würde zwischen 2012 und 2014 in drei Teilen in die Kinos kommen. Man rechne: Dreihundert Buchseiten erhalten dieselbe Screentime wie The Fellowship of the Ring, The Two Towers und The Return of the King – insgesamt fast 1500 Seiten. Man muss kein Experte sein, um zu erahnen, dass sich hier eklatante Drehbuchprobleme ankündigen.

Eine lange Reise, auch für den Zuschauer: Der Hobbit Bilbo (Martin Freeman) und seine Zwergen-Begleiter legen eine Pause ein.
Und tatsächlich: The Hobbit: An Unexpected Journey ist eine aufgeblähte Angelegenheit, bei der sich die künstliche Dehnung des Materials schmerzlich bemerkbar macht. Das Ganze mag zwar angemessen unterhalten, aber das Gefühl, die ersten hundert Seiten des Buches hätten in maximal 130 Minuten erzählt werden können, wird man nie wirklich los. Die anfangs noch berauschenden Panoramaaufnahmen Neuseelands werden dermassen inflationär eingesetzt, dass nach und nach jegliche Wirkung verfliegt. Auch erhebt Jackson jedes Scharmützel zur viertelstündigen Schlachtszene, wodurch die wahren Action-Höhepunkte – etwa der Kampf der Bergriesen oder die Hetzjagd im Ork-Reich – übertönt und die dramatischen Rettungsaktionen mitsamt heroischer Musikuntermalung schnell zur ermüdenden Routine werden. Und Bilbo, die eigentliche Hauptfigur, ertrinkt förmlich in einer Flut aus Zwergen, deren Slapstick-Einlagen den Plot ebenso aufhalten wie die unnötigen Gastauftritte Cate Blanchetts (Galadriel) und Christopher Lees (Saruman).

Entsprechend erfreulich sind jene Momente, die daran erinnern, welche Klasse der Film mit dem Mut zur Straffung hätte erreichen können: der rühmenswert gegen das wässrige Skript ankämpfende Martin Freeman (Dr. Watson in der BBC-Serie Sherlock) liefert sich mit Gollum – einmal mehr eine fantastische Motion-Capture-Performance von Andy Serkis – einen Rätselwettstreit in bester altenglischer Tradition; der wie gewohnt hervorragende Sir Ian McKellen gebietet mit ruhiger Entschlossenheit einer Monstermeute Einhalt; Howard Shores Musik gibt einer Szene den letzten Schliff – dies alles sind Elemente eines grossartigen Fantasy-Films. Schade nur, dass ihr Wert durch eine beschämend grosse Menge an Füllmaterial vermindert wird.

★★★

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