Dienstag, 26. August 2008

Wanted

4.5 Sterne

Obwohl in den letzten Jahren in Hollywood eher die Hinwendung zu ernsteren Themen Anklang findet - man sehe sich die letzten Oscars an - erlebt eine andere Sparte Filme gerade einen Boom: sinnlose Ballerfilme. Lucky Number Slevin war wohl einer der erfolgreichsten Streifen dieses Genres, ungeachtet der Tatsache, dass der Film direkt auf DVD erschien. Auch Shoot 'Em Up lockte vor einem Jahr sehr viele Neugierige und Blutdürstige in die Kinos. Nun also Wanted (Regisseur: der weitestgehend unbekannte Kasache Timur Bekmambetov), der schon einmal mit einem guten Cast glänzt und noch hirnrissiger als die beiden vorhergenannten Filme ist. Puritaner des "guten" Films werden in Scharen zum Kino rauslaufen, während einige Kritiker 110 Minuten schmunzelnd sitzenbleiben, um sich dem absoluten und völlig sinnfreien Spass hinzugeben. Dieser Rezensent gehört zum letzteren Teil.

Es ist eine so gut wie unumstössliche Tatsache, dass Wanted kein guter Film ist. Wo soll man anfangen? Wanted klaut. Quasi die ganze Geschichte ist - inklusive diverser Twists - bei Lucky Number Slevin abgekupfert. Die permanente Ballerei ist aus Shoot 'Em Up. Die ersten 20 Minuten kennt man aus Fight Club. Und die Theorie, dass man mit Konzentration unmögliche Dinge schafft, kennen wir bereits aus The Matrix, nur das die Kugel hier dem Körper ausweicht und nicht umgekehrt. Dazu beigegeben wird eine zum Himmel stinkende Story über eine Bruderschaft, die seit Jahrhunderten das Gleichgewicht der Erde hält. Sie haben das Motto "Kill one, maybe save a thousand!". Selten so einen Schwachsinn gehört! Solche Versuche sind zwar in The Da Vinci Code auch bereits gemacht worden, doch dort stützte man sich wenigstens noch auf ein paar geschichtliche Fakten.

Und mittendrin in diesem Machwerk von Film sind die Darsteller: James McAvoy als plumpe Edward-Norton-Kopie, der den völlig unglaubwürdigen Wandel des unterwürfigen Büroangestellten zur eiskalten Killermaschine überzeugend auf die Leinwand bringt. Dann natürlich Angelina Jolie, die eine verrückte Figur erwischt hat und dabei aus dem Vollen schöpft. Das Wort "Nacktszene" sei auch noch erwähnt. Und zu guter Letzt - Wie könnte es anders sein? - Morgan Freeman. Der Altstar scheint in letzter Zeit überall mitzuspielen. Seine Vorliebe für zwielichtige Projekte (Dreamcatcher, Lucky Number Slevin) wird hier einmal mehr klar. Sieht man davon ab, dass er quasi die gleiche Rolle wie in Paul McGuigans Lucky Number Slevin, macht der alte Fuchs wirklich Spass und ist wie immer sehr stilvoll. Der Rest des Castes ist kaum der Rede wert, ist der Film doch primär auf die drei erwähnten Schauspieler ausgerichtet.

Diversen Leuten wird nun aufgefallen sein, dass diese Kritik nicht gerade vor Lob strotzt. Dies lässt sich leicht erklären: Wanted objektiv zu betrachten kann man vergessen. Die paar negativen Bemerkungen im vorangegangen Abschnitt sind auf keinen Fall auf die Meinung des Kritikers zu projizieren. Wanted mag ein zusammengeklauter, unwürdiger Haufen Mist sein. Doch Mist kann unterhalten! Und wie! Der Film ist zum Beispiel hervorragend schnell geschnitten, hat ein halsbrecherisches Tempo, viele coole Sprüche und wirklich haarsträubende Szenen. Doch genau das macht die Genialität von Wanted aus. Wir sehen Autoverfolgungsjagden, wo die schönsten Autos zu Schrott gefahren und geballert werden, Schiessereien im Supermarkt und seltsame, wachsartige Bäder zum Heilen von Wunden. Dazu wird noch ein Zug von einer Brücke geschubst und einem Typen werden ein paar Zähne mit einer Computertastatur rausgehauen. Diese paar Dinge sollen das Niveau von Wanted nur einmal veranschaulichen. Unnötig zu sagen, dass das Ganze einfach einen Heidenspass macht und man nach dem Kinobesuch denkt, ob man wohl unbemerkt in die nächste Vorstellung kommt.

Mit dieser selten plakativen Kritik wollte der Autor nur einmal darlegen, dass Wanted sicher nicht jedermanns Sache ist. Dass der Film in den USA R-rated ist, scheint bei all dem Blut und den F-Wörtern nur allzu logisch. Wer sich den Film in einem Kino ansieht, das auf Surround-Effekte spezialisiert ist, täte gut daran, auch gleich ein paar Ohrstöpsel mitzubringen, denn das Geballere geht aufs Trommelfell. Ansonsten steht einem gemütlichen, lustigen, sinnlosen und absolut abgedrehten Kinovergnügen nichts im Weg. "And what the fuck have you done lately?!"

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